Gefühlt ist alles gerade in der Schwebe. Wir sitzen zu Hause, oft getrennt von Familien und Freunden und wenn wir in Quarantäne sind, können wir nicht mal für einen kurzen Spaziergang nach draußen um die Sonne der letzten Tage zu genießen.
Ich bin ja von Haus aus eher so Marke Stubenhocker, aber auch der Stubenhocker merkt in diesen Tagen, dass er doch ganz schön viel außerhalb benötigt. Keine Besuche bei den Eltern, da meine Mutter zu den Risikopatienten zählt. Kein Treffen mit Freunden, um bei zu teurem Latte Macchiato über die Welt zu klönen und danach die Buchhandlungen zu überfallen (im übertragenen Sinn natürlich), kein Westfalenstadion (live oder im TV), kein Essen gehen, kein Kino.
Das alles kann man aushalten, so lange, wie es eben nötig ist, wenn man sich vor Augen hält, dass man damit Leben rettet und die „Sache“ so vielleicht schneller vorbei ist.
Ich bin dankbar, dass ich in Deutschland lebe und damit unglaublich privilegiert bin. Ich bin dankbar, dass ich einen Arbeitgeber habe, bei dem Fürsorgepflicht keine leere Phrase ist, sondern fast unser ganzes Unternehmen mittlerweile im Homeoffice ist und wir dort genauso unsere Arbeit tun können, wie vorher. Ich bin dankbar für Krankenschwestern, Ärzte, Pfleger und Verkäuferinnen, die draußen die Stellung halten. Ich bin dankbar, dass ich in einem reichen Land lebe, welches die Krise wahrscheinlich schon irgendwie bewältigen wird.
Sicherlich fühlen sich viele von uns hilflos, weil wir halt nicht mehr tun können, als zuhause zu hocken und zu viel Netflix zu gucken. Oder Disney+ (ich bingewatche gerade alle Marvel Filme, damit ich da endlich mal mitreden kann).
Und dann wurde mir gestern klar, dass wir sehr wohl etwas tun können. Etwas, das wir eigentlich schon immer tun konnten, aber was gerade jetzt so wichtig ist, wie nie. Wir müssen uns für das Richtige entscheiden. Und das bedeutet z.B. Bücher beim kleinen Buchladen um die Ecke bestellen, anstatt bei amazon. Das bedeutet, Essen beim Lieblingsrestaurant zum Mitnehmen bestellen. Das bedeutet Benutzerkonten bei adidas, H&M und Co löschen, denn wer in dieser Zeit, wo wir alle zusammenstehen müssen, als erstes beschließt seine Miete für Filialen nicht mehr zu bezahlen, obwohl man jedes Jahr Milliarden Gewinne einfährt, der hat weder mein Geld noch mein Interesse verdient.
Das die meisten großen Firmen ekelhafte Heuschrecken sind, ist ja leider Gottes nix Neues. Wir alle wissen Bescheid über Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung, etc. Das Gebaren dieser Firmen in den letzten Tagen ist nur die Spitze des Eisbergs, sollte uns aber erneut klar machen, dass WIR es sind, die die Macht haben, die Gesetze des Marktes zumindest zu verändern. Wenn keiner mehr Adidas Schuhe kauft … ihr wisst, was ich meine.
Amazon hat die Lager leer geräumt für die Dinge, die die Leute angeblich gerade nötiger brauchen. Klopapier wahrscheinlich, deswegen dauern Buchbestellungen momentan länger als üblich, deswegen kann man Neuerscheinungen teilweise nicht mehr vorbestellen. Das mag auf den ersten Blick sinnig erscheinen, zeigt aber eigentlich nur die Marktmacht des Riesen. Es geht nicht darum, was die Leute gerade besonders brauchen, sondern womit man möglichst viel Knete machen kann. Wer ein Buch lesen will, kann ja immer noch ein ebook runterladen.
Was das mit dem Buchhandel und den Verlagen macht, kann man an zwei Fingern abzählen. Der stationäre Buchhandel in Deutschland ist geschlossen und generiert somit momentan nur Einnahmen, wenn wir in seinen Online-Shops bestellen, deswegen tut genau das. Bestellt Bücher über die Shops kleiner inhabergeführter Buchhandlungen. Ihr habt eigentlich gerade noch genug zu lesen? Egal, kauft trotzdem. Für Geburtstage, Weihnachten oder für eine unvorhersehbare Epidemie (oh… ich vergaß).
Und berichtet darüber. Auf Facebook, Instagram und Co. Erzählt, wie ihr gekauft habt und wie schnell das ging. Erzählt, was ihr lest und berichtet über Bücher und Neuerscheinungen aus kleinen und großen Verlagen, denn es gab keine Leipziger Buchmesse, es gibt keine Buchtische, alle neuen Bücher des Frühjahr bleiben ungesehen, wenn WIR nicht darüber berichten.
Berichtet, wenn euer Lieblingscafe ein paar Stunden Coffee to go anbietet (aber Abstand halten und nicht in Gruppen hinlatschen, ne!), sagt laut, wie scheiße ihr das Verhalten von diversen Platzhirschen findet. Seid laut, auch wenn ihr aktuell nur zu Hause seid. In Zeiten von Social Media kann man immer seine Stimme erheben und lasst euch nicht einreden, dass man nichts bewirken kann. Jeder allein für sich nicht, aber wir zusammen schon!
Corona ist für uns alle eine schwere Prüfung und man kann nur hoffen, dass trotz allem unsere Gesellschaft daraus etwas lernt. Das nach der Krise die sogenannten systemrelevanten Berufe auch finanziell eine Aufwertung bekommen und eine florierende Wirtschaft nicht alles ist und wir uns von einer Ellbogenmentalität befreien müssen.
In diesem Sinne, kauft Bücher, lest Bücher, sprecht darüber und vor allen Dingen – bleibt zu Hause, wenn ihr könnt und nicht einkaufen oder arbeiten müsst. Und bleibt gesund und seid füreinander da!
Wie recht du hast, ich bin normaler weise auch Amazon besteller, es geht einfach zu einfach … ich denke aber über mein Buchkonsum nach und überlege wo ich alternativ bestellen kann. Viele Dank für den Anstoß