Verlag: dtv
erschienen: 2019
Seiten: 432
Ausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 342326229X
Klappentext:
Eine fensterlose Hütte im Wald. Lenas Leben und das ihrer zwei Kinder folgt strengen Regeln: Mahlzeiten, Toilettengänge, Lernzeiten werden minutiös eingehalten. Sauerstoff bekommen sie über einen »Zirkulationsapparat«. Der Vater versorgt seine Familie mit Lebensmitteln, er beschützt sie vor den Gefahren der Welt da draußen, er kümmert sich darum, dass seine Kinder immer eine Mutter haben. Doch eines Tages gelingt ihnen die Flucht – und nun geht der Albtraum erst richtig los. Denn vieles deutet darauf hin, dass der Entführer sich zurückholen will, was ihm gehört.
Rezension:
Romy Hausmanns Debütoman „Liebes Kind“ war in diesem Frühjahr in aller Munde und wir wählten es dann schließlich in unserem kleinen Buchclub für unsere Monatslektüre aus. Das Problem mit diesen Hypes ist ja immer, dass man nicht weiß, ob man an das Buch zu hohe Erwartungen hat, von daher kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob ich nicht ohne dieses Wissen begeisterter gewesen wäre.
Aber auch so, ist „Liebes Kind“ durchaus ein gelungener Thriller, der mich jedoch vor allen Dingen auf einer anderen Ebene gefesselt hat. Der Roman beginnt mit der Flucht von Lena und ihrer Tochter, also mit dem vermeintlichen Ende des Thrillers und wird am Anfang und auch immer wieder während der Handlung aus der Sicht der kleinen Tochter Hannah erzählt. Und hier liegt für mich auch direkt die Stärke des Romans.
Das Mädchen hat einen ganz eigenen Blick auf die Geschehnisse, wirkt klug und belesen und in sozialen Dingen gleichzeitig zurückgeblieben. Ihre Gedanken und auch ihre Art mit anderen Menschen umzugehen, sind dabei so plastisch und eindrücklich beschrieben, dass ich den Thriller an sich oft vergessen habe, weil ich Hannah als Figur so unglaublich interessant fand.
Der Roman bietet einige überraschende Wendungen, besonders am Anfang und legt gekonnt falsche Fährten. Den Fall an sich, fand ich jetzt aber nicht all zu spannend und den Showdown am Ende so konstruiert, wie man ihn in vielen Thrillern findet. Das hat mir aber ehrlich gesagt nichts ausgemacht, weil wie gesagt der Reiz bei „Liebes Kind“ woanders liegt. Wer also interessant findet, wie sich Menschen in einer Ausnahmesituation verhalten oder entwickeln, der wird wirklich sehr gut unterhalten.
Der Schreibstil von Romy Hausmann ist besonders zu loben, da er sich meiner Meinung nach vom Standard des Genres abhebt. Durch die Sprache wird der Wahnsinn der Gefangenschaft fühlbar und die Figuren, besonders Lena und Hannah bekommen so ihre ganze eigene Stimme.
Als Thriller also kein großer Wurf, aber dennoch spannend. Als psychologische Studie aber ein wahrer Volltreffer. Insgesamt für mich ein beachtliches Debüt einer neuen deutschen Autorin, die es zu beobachten gilt.
Note: 2-