Verlag: Knaus
erschienen: 2017
Seiten: 576
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3813507270
Klappentext:
Ostersonntag 1945. In Berchtesgaden wird zum 13. Mal „Wir laufen für den Führer“ gestartet: eintausend Kilometer in 20 Etappen durch das Tausendjährige Reich. Der Sieger darf Adolf Hitler am 20. April persönlich zum Geburtstag gratulieren. Dank Leni Riefenstahl, die den großen Durchhaltefilm drehen soll, gerät der untergetauchte Harry Freudenthal in den Pulk der Läufer und entrinnt damit seinen Häschern. Der irrwitzige Lauf nach Berlin führt Harry schließlich bis in den Führerbunker, wo er Geschichte schreibt.
Rezension:
Peter Keglevic hat eigenen Angaben zu folge fast 20 Jahre für dieses Buch recherchiert. Dafür gebührt ihm auf jeden Fall erstmal Anerkennung. Der Klappentext hat mich sofort angesprochen, denn wie absurd ist es, dass ein blonder Jude am Lauf für den Führer teilnimmt?
Tatsächlich sind es diese immer wieder auftauchenden kleinen Absurditäten, die das Buch außergewöhnlich machen. Einige Szenen sind wirklich sehr komisch, aber man hat immer im Hinterkopf, was passieren könnte, wenn jemand herausfinden würde, wer Harry wirklich ist. Der ein oder andere, wird sich vielleicht fragen, ob man so etwas mit Humor aufarbeiten darf. Mit derlei Diskussionen musste sich sicherlich auch Roberto Benigni mit seinem Film „Das Leben ist schön“ herumschlagen oder Timur Vermes mit seinem Bestseller „Er ist wieder da“.
Ich denke, Humor ist erstens ein gutes Mittel um Dinge zu verdeutlichen und zweitens steht er eben im krassen Gegensatz zu den Gräueln des Nationalsozialismus, wodurch der Wahnsinn der damaligen Zeit nur noch hervorgehoben wird. So pendelte ich manchmal zwischen Lachen und Betroffenheit auf einer einzelnen Seite.
Der Roman wird vielerorts als „Abenteuerroman“ betitelt, was für meine Begriffe noch nie so gut zu einem Buch gepasst hat, wie zu „Ich war Hitlers Trauzeuge“, denn trotz aller Absurditäten und der damaligen schrecklichen Zeit ist es einfach unfassbar spannend Harrys Reise zu erleben. Wie er diverse historische Persönlichkeiten kennen lernt, durch ein Deutschland läuft, welches längst dem Untergang geweiht ist und eigentlich allein dieses „Laufen für den Führer“ gelinde gesagt total bescheuert ist. Und das ganze wird auch noch von Leni Riefenstahl herself gefilmt.
Viele kleine Details während des Laufs machen den Roman sehr bildgewaltig und realistisch und erklären wohl auch die 20 Jahre lange Recherche des Autors. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich mir manchmal etwas mehr Tempo gewünscht hätte. Und damit meine ich jetzt nicht die Rennerei für Hitler.
Geschickt fand ich die diversen Rückblenden, die Harrys Figur sehr viel Tiefe verliehen haben. Dabei ließ sich Peter Keglevic auch immer Zeit für die zahlreichen Nebenfiguren, deren Geschichten eigentlich fast genug Stoff für einen weiteren Roman geliefert hätten.
Für mich ist „Ich war Hitlers Trauzeuge“ ein spannender, skurriler und mit bösem Humor gespickter Roman, der zum einen viel Spaß macht, zum anderen aber auch einen wichtigen literarischer Beitrag zum Thema Nationalsozialismus liefert.
Note: 2