Daniel Glattauer - Die spürst Du nicht

Begonnen von Esmeralda, 17. April 2023, 14:17:01

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Esmeralda

ZitatDie Binders und die Strobl-Marineks gönnen sich einen exklusiven Urlaub in der Toskana. Tochter Sophie Luise, 14, durfte gegen die Langeweile ihre Schulfreundin Aayana mitnehmen, ein Flüchtlingskind aus Somalia. Kaum hat man sich mit Prosecco und Antipasti in Ferienlaune gechillt, kommt es zur Katastrophe.
Was ist ein Menschenleben wert? Und jedes gleich viel?

Mein Leseeindruck:
"Die spürst du nicht" ist ein tragisches und brisantes Buch, welches die Frage aufwirft, was ein Menschenleben wert ist bzw. ob denn jedes Leben gleich viel wert ist.

Schritt für Schritt entblättert Daniel Glattauer die Denkweisen seiner Figuren: den sorglosen Egoismus und das privilegierte Leben auf der einen Seite, in welchem Flüchtlinge eigentlich keinen Platz haben; und auf der anderen Seite macht er die Flüchtlingsgeschichte von Aayanas Familie öffentlich.

Gespickt ist das Buch zusätzlich mit Kommentaren auf Internet-Kommentare, welche uns ein Spiegel unserer Gesellschaft und der Medienlandschaft vorhalten, was ich als absolut authentisch empfunden habe.

Fazit: Ein Buch, das nachhallt und zum Nachdenken angeregt, das betroffen macht, das hinterfragt, was ein Menschenleben wert ist; in den Augen der Öffentlichkeit - in unseren Augen.
Sehr lesenswert!

[note2]
Life is too short to read bad books. 

Kathrin

"Die Wahrheit ist ein Chamäleon, sie wechselt ihre Farbe mit dem Blickwinkel des Betrachters."

"Die spürst du nicht" von Daniel Glattauer war mal wieder ein Tipp der Buchhändlerin meines Vertrauens und ich bin ihr sehr dankbar für diesen Tipp, denn von alleine hätte ich zu dem Buch wohl nicht gegriffen. In dem gerade mal 304 Seiten starken Buch steckt so viel über das man sicherlich auch in einer Leserunde grandios gut sprechen und diskutieren kann. Allerdings hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass zu viele gesellschaftliche Baustellen aufgemacht werden und das eigentliche dramatische Ereignis um den tödlichen Badeunfall des somalischen Mädchens Aayana und wie es ihrer Familie ergeht zu kurz kommt. Aber vermutlich war das pure Absicht des Autors, um den Finger in die Wunde von Oberflächlichkeit und der Ich-Bezogenheit der Gesellschaft nicht nur zu legen, sondern darin zu bohren.

"Die spürst du nicht" ist ein Buch das wütend macht über den Egoismuss und das Verhalten mancher Menschen, über die Social Media Welt, es ist aber auch ein Buch, das nachdenklich und traurig macht. Man trauert mit der somalischen Familie und ist entsetzt über das, was ihr seit ihrer Flucht aus der Heimat passiert ist. Man leidet mit Sophie-Luise (So-Lu) der 14 jährgigen Tochter der Strobel-Marineks, die irgendwie mit dem tödlichen Unfall ihrer "Nicht-Freundin" klar kommen muss und von den Eltern damit ziemlich allein gelassen wird. Und ich kann sogar So-Lus Eltern und das befreundeten Ehepaar Strobel ein Stückweit verstehen und das sie alles tun würden, um das Unglück hinter sich lassen und wieder schlafen, wieder glücklich sein zu können. Aber vermutlich sit das so gut wie unmöglich. Wie soll man bitte den Unfalltod eines Mädchens verarbeiten können, dass man mit in den Urlaub genommen hat.

"Die spürst Du nicht" hat sich durch das hohe Tempo, die Spritzigkeit und lebendigen Dialoge sehr gut und schnell lesen lassen. Außerdem machen die vielen unterschiedlichen Erzählarten (neben normal erzählten Prosatext gibt es Interviews, Chat-Unterhaltungen und Kommentare aus der Social Media Welt) das Buch zu einem besonderen Leseerlebnis. Und es ist ein Buch das hängenbleibt, das einem zum Nachdenken anregt und von dem ich froh bin, dass es mir meine Buchhändlerin in die Hand gedrückt und empfohlen hat. Aber leichte Kost ist es wirklich nicht!

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Rock the Night!

Inge78

Irgendwann lese ich das auch noch mal  :dong:  :meditate1:  :nixweiss1:
Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore

Im finst´ren Förenwald, da wohnt ein greiser Meister. Er ficht gar furchtlos kalt sogar noch feiste Geister.
(aus "ES" von Stephen King)

Fiktion ist wie ein Spinnennetz, das, auch wenn nur vielleicht ganz leicht, an allen vier Ecke des Lebens befestigt ist.
- Virginia Woolf