Angela Marina Reinhardt - Der Goldvogel

Begonnen von nirak, 18. März 2025, 19:08:46

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

nirak

spannende Verfolgungsjagd durch das Europa des ausgehenden 19. Jahrhunderts

Die Schwestern Zelda und Fani wachsen in Galizien im 19. Jahrhundert auf. Ihre Welt besteht aus strengen jüdischen Riten und einem geregelten Tagesablauf. Eines Tages kommt ein fremder Mann in den Ort und erzählt von einem besseren Leben in Amerika. Die Mädchen sind gefangen von dem Mann, vor allem Fani glaubt den Versprechungen und geht mit dem Amerika-Agenten mit. Ihre Schwester Zelda ist da skeptischer. Sie will Fani zurückholen und macht sich an die Verfolgung. Unterstützung erhält sie dabei von Jon, einem Freund aus Kindertagen, der jetzt als Preisboxer sein Geld verdient. Ihre Verfolgungsjagd gestaltet sich schnell sehr viel schwerer als gedacht. Fani schwebt in der Gefahr, nie wieder gefunden zu werden. Der Amerika-Agent entpuppt sich als Mädchenhändler, seine Spur führt durch halb Europa, von Galizien über Wien Richtung Hamburg und noch weiter.

Die Autorin Angela Marina Reinhardt beginnt ihre Geschichte mit einem Prolog, der einige Jahre vor der eigentlichen Geschichte spielt. Es handelt sich dabei um eine Kindheitserinnerung von Zelda. Gleichzeitig erfährt man so, dass die junge Frau schon früh dazu bereit war, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. Nach wenigen Seiten geht es dann mit der Handlung im Jahre 1880 weiter. Die Mädchen sowie Jon werden vorgestellt und ihre Lebensumstände geschildert. Der Einstieg in diesen Roman fiel mir leicht. Ich war direkt von den ersten Seiten an gefangen von der Geschichte. Die Versprechungen, die der Amerika-Agent den Menschen gemacht hat, waren nachvollziehbar. Der Traum von einer besseren Zukunft ist deutlich spürbar. Doch so einfach wird die Geschichte dann eben doch nicht.

Fani geht mit dem fremden Mann und lernt eine neue Welt kennen. Ihre Schwester Zelda folgt ihr und will sie befreien, sie glaubt, die Schwester sei in Gefahr. Für beide Frauen wird es eine spannende Reise. Jede hat ihre eigenen Ziele und Träume. Auch Jon verfolgt seinen ganz eigenen Traum und hilft dabei, Fani zu finden. Vor allem Zelda begleitet man auf diesem schweren Weg. Die Szenen mit Fani sind eher kurz gehalten, dabei aber genauso wichtig. Die Autorin hat es geschickt verstanden, immer im richtigen Moment die Szenen zu wechseln und so die Spannung aufrechtzuerhalten. Mir hat das gut gefallen. Es gibt so einige Wendungen, die man einfach nicht kommen sieht. Die Atmosphäre dabei ist schon mal etwas düster und die Verzweiflung gerade von Zelda richtig greifbar.

Der historische Hintergrund um 1900 gibt hier den Rahmen für diese fiktive Jagd quer durch Europa. Zelda und Fani sind jüdischen Glaubens und so fließen auch immer mal wieder Begriffe aus dem jüdischen Sprachgebrauch mit ein. Der Erzählstil ist dabei aber trotzdem leicht und locker zu lesen. Ein Personenregister gleich zu Beginn gibt einen kleinen Überblick über die Protagonisten, und ein Nachwort am Ende klärt zudem Fiktion und Wahrheit. Ein umfangreiches Glossar ist ebenfalls vorhanden.

,,Goldvogel" ist eine Geschichte, die von dem Leben zweier Schwestern erzählt, die eigentlich die gleichen Ziele verfolgen und doch unterschiedliche Wege gehen wollen. Mir hat die Geschichte von Zelda, Jon und Fani gut gefallen. Ich mag die Charaktere, auch wenn sie nicht immer logisch handeln, aber in dieser Epoche und der verzwickten Lage der Schwestern ist logisches Handeln auch nicht immer möglich. Mir gefällt die Handlung und vor allem, dass die Geschichte eben nicht zu vorhersehbar angelegt wurde.

 :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box1:  :Box1: