Hallo miteinander,
wie Ihr seht, grübel ich immer noch nach. Übrigens habe ich das Buch inzwischen neu gekauft.
Meine Schwester hat nämlich Geburtstag und ich habe mich gefragt, was man jemandem kaufen soll,
die in einer vollständig vollgerümpelten Wohnung lebt. Noch irgendeine Flasche, Kiste, Vase, die
sie dann zu den anderen stellt? Ich brachte es nicht fertig, ihr das anzutun.
Da ist das Buch genau das Richtige für sie. Und wenn sie fertig ist, soll sie es dem Rest
der Familie auch noch ausleihen. ;-)
Ich hatte gerade in den letzten Tagen zwei Ergebnisse, wo ich fand, dass Nicht-Wegwerfen
auch richtig ist. Dieses Buch fixiert doch zu sehr darauf, Dinge los zu werden, so dass man den
Eindruck bekommt, das Ideal einer Wohnung sei eine komplett leere Mönchszelle.
Erlebnis Nummer eins:
Eine Brieffreundin hat mir zum Geburtstag ein selbstgemachtes Salzteigbild geschickt.
Zwar im Luftpolsterumschlag, aber... Naja, es ist in der Mitte gebrochen und am Rand zerkrümelt.
Jetzt könnte man ja sagen, das Ding ist nutzlos (weil ich es nicht aufhängen kann), kitschig und kaputt
und muss daher sofort in den Müll. Das würde ich aber nie hinkriegen. Das ist ein Geschenk,
das hat sie liebevoll für mich von Hand gemacht. Da hat sie Liebe reingesteckt. Schon allein
deswegen möchte ich es aufheben. Nicht nur, weil ich Achtung vor der Arbeit habe, die sie
sich gemacht hat, sondern auch weil da jetzt positive Gedanken dran hängen, die ja nicht
bei mir ankommen, wenn ich das Geschenk wegwerfe. Ich fand schon immer Leute herzlos,
die Geschenke sofort wegwerfen nach dem Motto "Ist nutzlos, was´n Scheiß."
Ich glaube auch, dass solche Leute genauso selbstverständlich und ohne mit der Wimper
zu zucken nicht nur die Geschenke ihrer Freunde wegwerfen, sondern auch die Freunde
selbst.
Ich habe in den letzten Monaten tatsächlich sehr viele Geschenke weggeworfen.
Aber nur unter folgenden Bedingungen: Ich bin mit den Leuten nicht mehr in Kontakt,
der Anblick des Geschenks macht mich traurig oder wütend, die Sache bedeutet mir
nichts Positives mehr. Das Wegwerfen fiel mir trotzdem schwer, weil es ja ein unwiderbringliches
Abschiednehmen und Loslassen war. Nicht das Loslassen des Keramikkürbisses oder der
Musikcasette, sondern der Hoffnung darauf, dass diese Freundschaft irgendwie doch wieder
auflebt und wieder gut wird. Dieses Festhalten hat mich blockiert und gelähmt, hatte ich
den Verdacht. Seitdem ich nach und nach solche Dinge entfernt habe, lerne ich tatsächlich
wieder neue Leute kennen, für die ich mich auch leichter öffnen kann als vorher.
So gesehen hat es viel gebracht.
Aber das ist kein Grund, möglichst viel wegzuwerfen nach dem Motto "Mehr hilft mehr."
Zweites Erlebnis: Ich hatte einige uralte Unterlagen, in die ich seit Jahren nicht reingesehen hatte.
Jetzt hätte ich sie einfach wegwerfen können nach dem Motto: "Wenn ich sie bisher nicht vermisst
habe, dann werde ich das nie tun." Allerdings habe ich in letzter Zeit beim Entrümpeln auch viele
Schätze gefunden, die ich vergessen hatte und nie genutzt. Sie sind jetzt wieder in Gebrauch.

Unter anderem habe ich da einen Entwurf für ein Theaterstück gefunden, das ich vor zwanzig
Jahren mal geschrieben hatte. Es war ganz klar, dass ich dieses Theaterstück niemals schreiben
werde, weil es mir nicht mehr wichtig ist. Das Thema interessiert mich gar nicht mehr.
Trotzdem konnte ich es noch nicht wegwerfen, hatte es jetzt wochenlang noch herum liegen.
Ich hatte das Gefühl, dass es mir etwas Wichtiges sagen wollte. Und bevor ich das nicht wusste,
konnte ich mich nicht davon trennen. Gestern Abend nahm ich es wieder in die Hand.
Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. DIE geniale Erkenntnis, die mein Leben
verändern könnte. Wirklich wahr. Sie steckte immer in diesem Theaterstück, zwanzig Jahre lang,
aber ich habe die Botschaft nicht verstanden. Das Theaterstück werde ich trotzdem nicht
schreiben, habe es heute Morgen in Schnipsel gerissen und feierlich ins Altpapier getan.
Aber aus der Botschaft wird vielleicht mal etwas anderes, z.B. ein Roman. Oder eine wahre Liebesgeschichte?
Ich habe das Theaterstück jetzt in einem (leichter noch schlechten) Gedicht zusammen gefasst.
Eventuell überarbeite ich es noch drei Mal und schicke es dann meinem Traummann.
Wenn er die verborgene Botschaft versteht, ist er der Richtige. *zwinker*
Liebe Grüße,
Kassandra
PS: Habe es immer noch nicht geschafft, irgendwelche Dinge paarweise zu kaufen. Ich brauche ja nix.
ABER ich habe endlich die leeren Kartons aus meiner Beziehungsecke weggeschleppt.
Das müsste ja auch dann wirken, wenn ich nicht daran glaube.