Empört Euch!!

BFF_1508_ButtonOrange2-300x300hat Stéphane Hessel sein kleines Büchlein genannt und niemals war sein Wunsch nach friedlichem Widerstand wichtiger, als heute.

Aber das ist doch hier ein Bücherblog und oh ne… es hängt mir aus den Ohren raus. Wieso denn jetzt auch noch hier? Sehr gut! Immer schön auf den Geist gehen, damit es auch endlich jeder rafft und nein sagt zu diesem ganzen scheiß, der gerade in unserem Land abgeht. Jeder kann irgendwas tun.

Die meisten von uns haben ihre eigenen Sorgen. Stress mit dem Partner, ein krankes Kind, Arbeitslosigkeit, Streit mit den Eltern, keine Eier im Haus, wenn man grad Bock auf Pfannkuchen hat. Nur, wir können losgehen und einfach neue Eier kaufen. Sogar abends um 22 Uhr. Wir können mit unserem Kind zum Arzt gehen oder in ein Krankenhaus, ohne Angst haben zu müssen, dass es während unseres Besuches über unseren Köpfen zusammenfällt. Wir können uns mit unseren Eltern und Partnern und Freunden vertragen, weil sie nebenan wohnen und nicht hunderte Kilometer weit entfernt, weil wir gerade mit einem Bündel unseres Hab und Gutes irgendwo auf der Flucht sind.

Wir haben den 6er im Lotto gewonnen und zwar am Tag unserer Geburt und wir haben nichts dafür tun müssen. Es ist reiner Zufall, dass meine Mutter in einem Dortmunder Krankenhaus lag und in Rekordzeit mich auf die Welt brachte (ich war klein und neugierig und zwei Wochen zu früh) und nicht in einer Lehmhütte in der dritten Welt oder in einer zerbombten Stadt im nahen Osten. Ich musste dafür keine Prüfung ablegen, besonders schön oder schlau sein, ich hatte einfach nur verdammtes scheiß Glück in der Geburtslotterie.

Nun kann man sich nicht jeden Tag vor Augen führen, welches Glück man hat, denn dann verpasst man es sein Leben zu genießen und keiner von uns sollte Schuldgefühle dafür haben müssen, dass er in einem privilegierten Land geboren wurde. Aber was wir tun müssen ist, traumatisierten und ängstlichen Menschen mit Freundlichkeit begegnen. Ich stelle mir vor, wie ich mich fühlen würde, wenn ich in einem fremden Land, wo alles anders ist, Schutz suchen würde und die Menschen dort würden mit dem Finger auf mich zeigen oder gar mit irgendwelchen Fahnen und Fackeln. Ich frage mich, wie viel kann ein Mensch ertragen?

Meine beste Freundin im Gymnasium war eine Griechin. Sie musste sich stundenlang bei mir zu Hause am Monitor meine selbstgeschriebenen Geschichten durchlesen und sie tat es jedes Mal mit einem Lächeln und so überzeugender Begeisterung, dass ich wirklich glaubte, ich sei gut. Ob ich es war, weiß ich nicht, aber sie gab mir das Gefühl, es zu sein und das konnte ich damals nicht von vielen Menschen behaupten.

Ihre Familie wohnte in einer winzigen Wohnung. Sie hatte kein eigenes Zimmer und die Familie hatte sehr wenig Geld und dennoch, bin ich bei keiner anderen Freundin so großzügig und herzlich aufgenommen worden. Vermutlich hätten sie die letzte Scheibe Brot mit mir geteilt, während hier sich die Leute darüber aufregen, dass Flüchtlinge Smartphones haben oder so viel Knete für die Schlepperbanden aufbringen können.

Ich verstehe diesen Hass auf Flüchtlinge und Ausländer nicht. Ich kapier es einfach nicht. Wenn ich jemanden nicht leiden kann, dann, weil er sich scheiße benimmt. Weil er mich betrügt, belügt und hintergeht. Ehrlich gesagt, ist mir das bisher eher bei meinen deutschen Freunden passiert. Tja, irgendwie blöd, eigentlich müsste ich jetzt auswandern und alle Deutschen scheiße finden. Weil so von wegen Vorurteile und so.

Ja, eigentlich stimmt dieses „es hängt mir aus den Ohren“ doch. Mir hängt es total aus den Ohren, dass ich versuchen soll, mich mit diesem Gesocks auseinanderzusetzen. Ich finde es scheiße, dass die sich hinter ihrer Asozialität verstecken, keine Bildung haben, nicht mal zwei gerade Sätze schreiben können und anscheinend sogar auf Flüchtlinge neidisch sind, nur weil sie selbst nicht den Arsch hoch kriegen. Ich habe keine Lust auf Mitläufer mit ihrem Angst-Gesäusel und ihren „ja, aber das wird man doch noch mal sagen dürfen“ Sprüchen. Nein, sorry, Schnauze halten… darfste nich!

Ich bin nicht so vermessen zu behaupten, dass wir in diesem Land alle die gleichen Chancen haben. Wer in einer sozial schwachen Familie groß wird, wächst anders auf, vielleicht in einer Umgebung aus Frust, Unwissen und Hass. Hass, der nicht hinterfragt, sondern einfach gelebt wird, weil das schon bei Oma so war. Nur müsste es Oma nicht eigentlich nach 1945 besser wissen?

Vielleicht ist es auf eine andere Art auch intolerant, wenn ich sage, ich möchte keine Begründungen und Entschuldigungen für die Menschen in Heidenau und Freital und was weiß ich nicht wo, hören, denn es gibt Dinge für die gibt es keine Entschuldigung. Ich möchte nicht mehr, dass diese Menschen abgeholt werden, dass unsere Regierung zu feige ist die Klappe aufzumachen, weil man fürchtet Wählerstimmen zu verlieren. Wenn ein Rechtsextremer in einer S-Bahn auf ein ausländisches Kind uriniert, dann kann der aus noch so kaputten Verhältnissen kommen – es interessiert mich nicht. Der Typ ist einfach nur ein dämliches menschenverachtendes Arschloch! Punkt!

Ich möchte nichts hören von, wir machen uns doch nur Sorgen und wir haben Angst und uns geht es doch auch schlecht und wieso tut die Regierung nichts für uns. Geht mir wech damit! Uns geht es allen vergleichsweise gut und die, denen es vielleicht nicht ganz so rosig geht, könnten oft mit ein bisschen Menschenverstand und Elan selbst daran etwas ändern.

Und was das alles mit Literatur zu tun hat und deswegen auf diesem Blog steht? Eigentlich erstmal nichts, aber ich finde es wichtig, dass wir uns alle positionieren. Und dann denke ich mir, Bildung würde doch nicht schaden, dann hätte der ein oder andere mal die Trilogie der Wendepunkte von Klaus Kordon über den 1. und 2. Weltkrieg (Jugendbücher)  gelesen oder „Das Maikäfermädchen“ von Gina Meyer oder „Schindlers Liste“ oder „Die niedrigen Himmel“ von Anthony Marra oder oder oder… und keiner, der diese Bücher gelesen hätte, würde abends losziehen und ein Flüchtlingsheim anzünden, denn Bücher sind keineswegs nur heile Traumwelt, sie lehren uns Mitgefühl und Güte und daran fehlt es in diesen Tagen!

INFO: Wer „Blogger für Flüchtlinge“ unterstützen möchte, findet auf http://www.blogger-fuer-fluechtlinge.de jede Menge Infos. Ihr könnt immer etwas tun. Egal ob durch Texte, Ideen oder auch Geldspenden. Schaut Euch dort einfach mal um!

hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Liebe Steffi,

    vielen Dank für diesen Text! Das was Du hier geschrieben hast kann man garnicht laut genug sagen, schreiben, immer und immer wiederholen! Nur so können wir lauter sein als diese Idioten, die Flüchtlingsheime anzünden, Fremdenfeindlichkeit predigen und so ihre eigene Dummheit und Ignoranz lautstark in die Welt schreien.

    Ich werde niemals verstehen wie man Menschen, die vor Krieg, Armut und Gefahr fliehen, hier mit so einem Hass empfangen kann. Wer kann denn auch nur eine Sekunde glauben, dass man die Gefahren der Flucht, den Verlust der Heimat und des eigenen sozialen Umfelds einfach nur so ‚zum Spaß‘ auf sich nimmt?

    Gott sei Dank gibt es aber auch die anderen Menschen, die die Flüchtlinge in Sportvereinen integrieren, Sprachunterricht geben, Dinge des täglichen Lebens spenden, sammeln, verteilen,…. die sich Gedanken machen wie sie konkret helfen können und dann auch aktiv werden. Nur leider sind diese Aktivitäten meist nicht so spektakulär dass sie es in die Nachrichten schaffen.

    Nochmal: Vielen Dank fürs Aufstehen und Flagge zeigen für Mitgefühl, Offenheit, Toleranz und Menschlichkeit und gegen die braune Soße.

    Liebe Grüße,
    Christiane