Verlag: Piper
erschienen: 2011
Seiten: 400
Ausgabe: großformatiges TB
ISBN: 3492267610
Klappentext:
Was wäre, wenn dich ein einziger Schlüssel überallhin bringen könnte? An ihrem sechzehnten Geburtstag erhält Lara einen Schlüssel, der sie in die Victoria Street in Edinburgh führt – egal, durch welche Tür sie tritt. Bald merkt das junge Mädchen, dass der Schlüssel auch das Tor in eine andere Welt öffnet: In der Stadt Ravinia, in der magisch talentierte Wesen ebenso wie Traumtänzer zu Hause sind, lernt Lara ihre Vergangenheit kennen und erfährt dabei von einer mysteriösen Verschwörung. Sie selbst muss über das Schicksal Ravinias entscheiden. Gemeinsam mit Tom Truska, dem geheimnisvollen Schlüsselmachergesellen, und dem Amerikaner Lee versucht Lara Ravinia zu retten.
Rezension:
Wow! Was für ein Einstieg. Von Anfang an hat mich „Ravinia“, der erste Roman von Thilo Corzilius, total fasziniert. Eine wunderbare Großvater-Enkelin-Beziehung mit einem hungrig-machenden traditionellen schottischen Frühstück und dann folgt auch schon schnell der erste Schauer, der mir über den Rücken lief. Ein Einstieg nach Maß! Der allerdings von Nachteil sein kann, wenn das Buch im weiteren Verlauf nicht mehr ganz die Erwartungen nach diesem wunderbaren Beginn erfüllen kann – was bei mir leider der Fall war.
„Ravinia“ erzählt die Geschichte von Lara McLane, die nach dem Unfalltod ihrer Großmutter und Eltern bei ihrem Großvater Henry in Edinburgh aufwächst. Zu ihrem 16. Geburtstag schenkt ihr der Großvater einen Schlüssel, der ihr die Tür zu einer völlig neuen Welt öffnet: den Schlüsselmacherladen von Baltasar Quibbes und seinem Gesellen Tom. Schnell gerät sie in den Strudel der Geheimnisse um die mysteriöse Stadt Ravinia, die man auf einer Landkarte der bekannten Welt vergeblich sucht.
Die Idee von besonderen Schlüsseln, die einen an einen völlig anderen Ort bringen, zu dem die Tür, die aufgeschlossen wird, eigentlich gar nicht hinführen kann, ist wunderbar! Generell wartet Thilo Corzilius mit einigen tollen Ideen, Figuren und Szenen auf und das alles in einer wunderbaren Sprache und wunderbaren, nahezu magischen Sätzen, die mich immer wieder zum Strahlen gebracht haben. Auch die Aufmachung des Buches finde ich großartig und sehr liebevoll und schön gestaltet mit den Raben zwischen den einzelnen Absätzen und den Schattentürmen jeweils am Kapitelanfang.
Doch trotz dieser positiven Punkte leidet das Buch in meinen Augen an seiner Kürze. Ja, es gibt wunderbar spannende Figuren, aber viele davon kommen eindeutig zu kurz. Für mich war es teilweise an Figuren etwas überfrachtet, und dadurch waren sie nicht intensiv genug dargestellt, so dass sich mir der Sinn und Zweck einzelner Figuren nicht gezeigt hat. Relativ wenig bedeutende Charaktere wie Mama Zamora oder Berrie oder das Efeumädchen und den alten Mann (Alister Sullivan) im Park, wären da einige Beispiele für mich. Aber wenn ich mich schon beim Bösewicht des Buches fragen muss, was er eigentlich so schlimmes getan hat, wenn mir das schon nicht klar genug rüberkommt und der Autor in unserer Leserunde selbst sagt, dass Winter etwas zu kurz gekommen sei, dann ist das schon ein deutlicher Kritikpunkt für mich. Auch über Tom hätte ich gerne deutlich mehr erfahren und das wurmt mich doch ziemlich. Auch bin ich der Meinung, dass viele meiner Fragen im Buch nicht beantwortet werden. Gut vielleicht habe ich auch wiedermal zu viel in einzelne Szenen oder Sätze hineininterpretiert, aber schade finde ich das schon. Ich glaube, dass Thilo Corzilius in diesem Buch viel mehr versteckt hat, als ich herausgelesen habe, nur er als Autor hat den Vorteil, dass er alles – auch alles Ungeschriebene – weiß und da bin ich als Leser klar im Nachteil.
Dennoch gab es für mich Szenen und Figuren, die für mich vieles wieder wett gemacht haben, zum Beispiel die Tagebucheinträge von Laras Mutter oder die Szene mit Ma’Haraz und Wolf in Wien. Das war Gänsehaut pur und zeigt mir ganz deutlich, dass der Autor viel wunderbares Potential zum Geschichtenerzählen hat…und das dann gepaart mit dieser wunderbaren Sprache…nur wie gesagt, ein wenig mehr Ausführlichkeit und Intensität hätte dem Buch, der Geschichte und den Figuren in meinen Augen gut getan!
Was ich dem Autor sehr sehr hoch anrechne, ist der total unrosarot-kitschige Schluss. Hier ist nicht einfach mal alles Friede, Freude, Eierkuchen und es gibt keine Liebesgeschichte (die zu Lara in dieser aktuellen Situation auch nicht gepasst hätte), auch wenn ich die persönlich im Hinterkopf hatte. Aber umso besser, dass Thilo Corzilius darauf verzichtet hat.
Note: 2