Band 1 Die Schwerter von DaraTrilogie
Originaltitel: The Grace of Kings
Verlag: Knaur
erschienen: 2016
Seiten: 736
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3426653990
Übersetzung: Katharina Naumann
Klappentext:
Als erster Autor ist Ken Liu für eine Short Story sowohl mit dem ›Nebula‹ als auch mit dem ›Hugo‹ und dem ›World Fantasy Award‹ ausgezeichnet worden. Mit »Die Schwerter von Dara«, dem ersten Band der Seidenkrieger-Trilogie, hat Liu ein episches High-Fantasy-Werk geschaffen, in dem der Autor meisterhaft Elemente der chinesischen Mythologie mit politischen Intrigen und überzeugenden Charakteren mischt: Zwei Männer höchst unterschiedlicher Herkunft steigen gemeinsam zu Anführern einer Rebellion gegen den tyrannischen Kaiser auf. Sie sind sich näher als Brüder – und werden zu Todfeinden, als ein erbittertes Ringen um die Nachfolge des Herrschers beginnt.
Rezension:
Fantasyromane kommen ja oft in epischer Breite daher. Ein Fantasyroman unter 400 Seiten macht ja fast schon misstrauisch. Irgendwas stimmt mit dem doch nicht! ;-) Also haut einen die Seitenzahl von über 700 Seiten erstmal nicht um. Nach Beendigung des Buches muss ich aber sagen, man braucht doch ein bisschen Sitzfleisch, um „Seidenkrieger“ den Auftakt von Ken Lius chinesisch angehauchter Fantasytrilogie zu beenden.
Besonders am Anfang wird man von Handlungssträngen, Figuren und Weltenbau schier erschlagen. Tatsächlich braucht der Roman ca. 100 Seiten bis alles erklärt, wichtige Charaktere vorgestellt und die verschiedenen Haupt- und Nebenhandlungen auf den Weg gebracht wurden. Und ab dann ist dieser Trilogie-Auftakt ein reines Vergnügen. Es lohnt sich also die keineswegs langweiligen, aber eben doch etwas anstrengenden ersten 100 Seiten zu überstehen.
Sicherlich zieht „Seidenkrieger“ seinen Reiz auch aus dem ungewöhnlichen Setting, welches an die Gründung des chinesischen Kaiserreiches erinnert. So gibt es auch recht wenige phantastische Anleihen und die Geschichte wirkt fast wie ein historischer Roman. Man muss sich aber keineswegs in chinesischer Geschichte auskennen, die uns Europäern sicherlich fremder ist, als z.B. das englische Mittelalter über das es Romane wie Sand am Meer gibt. Mir haben aber dieses besondere Flair, die Mythologie und die fein gezeichneten Figuren unglaublich gut gefallen.
Es ist kein Buch, welches sich mal eben so wegliest. Es gibt viele Perspektivwechsel und Ken Liu schreibt sehr ausschweifend, aber es fällt schwer sich von seiner Welt nicht vereinnahmen zu lassen. Ich bin irgendwann völlig in diesen Mix aus Schlachten, Intrigen und Gesellschaftsstudie versunken und habe „Seidenkrieger“ mit einem großen Seufzer zugeschlagen.
Schon einige Male habe ich Vergleiche zwischen Ken Liu und George R.R. Martin vernommen. Tatsächlich haben „Die Schwerter von Dara“ und „Game of Thrones“ einiges gemeinsam. Diese Tiefe der Figuren, die unglaublich verästelte Handlung mehrerer Familien, die Schlachten und Intrigen. Vieles findet man in der Qualität in beiden Büchern. Dennoch legt Liu einen anderen Schwerpunkt, als Martin. Ihm geht es nicht immer um das Fortschreiten der Handlung, sondern darum soziale und gesellschaftliche Wandlungen aufzuzeigen. Das ist für einen Fantasyroman vielleicht ungewöhnlich, hat mich aber auch aufgrund der für mich fremden Kultur total fasziniert.
Auch wenn sich Liu natürlich weit von der realen chinesischen Geschichte entfernt (immerhin ist dies immer noch ein Fantasyroman), sollte man schon offen sein für diese Art von Kultur. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch einfach mal etwas völlig anderes und haben wir nicht alle irgendwie genug Bücher gelesen von mittelalterlichen Welten in denen tapfere Männer (und manchmal auch Frauen) durch die Botanik wandern, um irgendwelche wichtigen Schwerter, Ringe und Konsorten zu finden?
Mich haben besonders auch die beiden Protagonisten Kuni Garu und Mata Zyndu überzeugt. Sie gelangen beide auf verschiedenen Wegen an die Macht. Erst Freunde, dann Feinde. Da sich beide schließlich auf unterschiedlichen Seiten der Revolution wiederfinden, bekommt auch der Leser einen vielfältigen Eindruck für die jeweiligen Beweggründe der Parteien. Hinzu kommen dann auch sehr viele Nebenfiguren (die man allerdings gut auseinanderhalten kann), die ihre jeweilige Geschichte haben. Oft hat das den Anschein von kleinen Geschichten in der Geschichte, die der Handlung eine unglaubliche Tiefe geben.
Auch sprachlich bleiben wenig Wünsche offen. Ken Liu schreibt sehr bildhaft, manchmal fast blumig, was aber wiederum zu der chinesisch angehauchten Welt perfekt passt. Wer also mal etwas abseits der gängigen Fantasy lesen will und vor einem anspruchsvollen Weltenbau nicht zurück schreckt, dem sei „Seidenkrieger“ aufs Wärmste empfohlen.
Note: 2+