Arnold, David: Auf und davon

Originaltitel: Mosquitoland
Verlag:
Heyne fliegt
erschienen:
2015
Seiten:
384
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3453269837
Übersetzung:
Astrid Finke

Klappentext:

Wer würde nicht gerne einfach mal verschwinden? In den nächsten Bus springen und alles hinter sich lassen? Genau das macht die sechzehnjährige Mim Malone. Es reicht ihr, immer das zu tun, was ihr Vater und seine neue Frau für richtig halten. Sie will wissen, weshalb ihre Mom aus ihrem Leben verschwunden ist. Und ihre Gedanken sollen endlich aufhören, in ihrem Kopf Karussell zu fahren. Also steigt sie einfach in den Greyhound-Bus und haut ab, zu ihrer Mom. Während draußen die Landschaft vorbeifliegt, macht Mim einige unvergessliche Bekanntschaften – die wunderbare Arlene, den unheimlichen Ponchomann und den äußerst attraktiven Beck, an den sie ihr Herz zu verlieren droht … Doch dann verändert ein tragischer Unfall von einem auf den anderen Augenblick alles. Und Mim muss sich den wirklich entscheidenden Fragen in ihrem Leben stellen.

Rezension:

Ich habe erst vor wenigen Minuten dieses Buch beendet und weiß absolut nicht, wie ich das Leseerlebnis in Worte kleiden soll. „Auf und davon“ ist überhaupt nicht so, wie ich es nach dem Klappentext erwartet habe, aber ich befürchte, kein Klappentext der Welt würde diesem Roman gerecht werden, denn weder Handlung, noch Figuren, noch Schreibstil lassen sich in fünf Sätze zusammenfassen und auf einen Buchrücken drucken.

An diesem Buch ist absolut nichts gewöhnlich, dafür einiges verwirrend, wunderschön, verrückt, merkwürdig, komisch, traurig und absurd. Diese Ambivalenz macht sich im übrigen auch in den Rezensionen bemerkbar, die oft eher mittelprächtig sind, weil – und das meine ich jetzt nicht böse oder überheblich – wohl der ein oder andere Leser von diesem Buch überfordert wird.

David Arnold bringt sehr viele Themen zur Sprache. Krankheiten, Behinderungen, Ausgrenzung, versuchter Missbrauch, etc., aber trotz alledem ist es doch vor allen Dingen Mims Weg zu sich selbst. Ja, er ist getarnt als Roadtrip zu ihrer Mutter und es gibt einige Dinge, die sie auf dieser Reise erlebt, aber letztlich sind es Mims Gedanken und Gefühle, die diesen Roman ausmachen und ihn tragen. Das mag der ein oder andere langweilig finden, aber wir sind hier ja auch nicht bei Star Wars, wo zwischendurch mal ein Laserschwert gezückt wird.

Wobei ich auch sagen muss, es passiert eigentlich den ganzen Roman über etwas. Mim lernt Menschen kennen, die sie mag oder sogar liebt. Menschen, die ihr Angst machen und sie bedrohen oder die sie einfach unglaublich nervig findet. Immer wieder geht sie gedanklich auch zurück in ihre Kindheit, um die Beziehung zu ihren Eltern zu beleuchten und um sich an ihre Mutter zu erinnern. Es gibt genug Dinge, die der Leser verstehen und verdauen muss. Ich frage mich, wie man sich dabei ernsthaft langweilen kann.

Tatsächlich gab es auch für mich in der Mitte des Romans einen kleinen Bruch. Mim entschließt sich irgendwann ohne den Greyhound-Bus ihre Reise fortzuführen und da wurde der Roman für mich 30-40 Seiten ein bisschen arg skurril. Aber ich habe einfach weitergelesen und plötzlich ergab dann doch irgendwie alles einen Sinn.

Ein paar Wendungen hält der Roman natürlich auch bereit. So hatte ich bis zum Schluss keine Ahnung, an wen Mim ihre eingestreuten Tagebucheinträge richtet. Dafür hatte ich ziemlich schnell raus, was mit ihrer Mutter los ist. Auch wenn das der Eindrücklichkeit des Schlusses keinen Abbruch getan hat.

Ohnehin lebt der Roman aber von Mim. Niemand wird sich vollends mit diesem Mädchen identifizieren können, denn dazu ist so wohl zu seltsam und auch zu außergewöhnlich, aber es gibt so viele Dinge, die ich an ihr bewundere. Sie ist mutig und entschlossen, wo andere längst aufgeben, dabei hat sie es doch ungleich schwerer.

Stilistisch fährt David Arnold hier übrigens schwerste Geschütze auf. Mein lieber Schwan kann der Mann schreiben. Es gibt so viele einzelne Sätze oder auch ganze Passagen, die ich mehrfach gelesen habe, weil sie einfach so wunderschön sind oder so etwas ultimativ Wahres aussagen, dass einem den Atem stockt. Ich würde unbesehen wieder ein Buch von diesem Autor kaufen und wenn es von Schweinen auf dem Mond handeln würde.

So wie Mim immer sagt „Ich bin Mary Iris Malone, und mit mir stimmt etwas nicht“, könnte man auch sagen… „Hallo – ich bin das Buch Auf und davon und mit mir stimmt etwas nicht. “ Nur um dann am Ende festzustellen, dass mit Mim eigentlich alles stimmt und mit dem Buch erst recht!

Note: 2+