Verlag: Rütten & Loening
erschienen: 2010
Seiten: 453
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3352007829
Klappentext:
Lissabon, 1755: Die Jesuiten halten Portugal in ihrem bann. Doch ein apokalyptisches Erdbeben erschüttert ihre Macht. Antero Moreica de Mendonca kann den grausamen Orden vernichten. Er hofft auf die Hilfe der deutschen Kaufmannstochter Leonor. Doch diese ist – Jesuitin.Die packende Geschichte über eine gefährliche Liebe und eine Naturkatastrophe, die die Welt verändert.
Rezension
Die Jesuitin von Lissabon ist mein erster Roman den ich von Titus Müller gelesen habe. Dieser Autor war mir bis dato unbekannt. Ein Fehler, wie sich jetzt herausgestellt hat.
Hatte ich am Anfang auch etwas Schwierigkeiten, mich in die Geschichte einzufinden, hat sich das von Kapitel zu Kapitel gelegt und damit geendet, dass ich dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Der Schreibstil ist schön flüssig, nachdem man sich erstmal an die fremdklingenden Namen gewöhnt hat. Dann aber kann man es gut so weglesen. Erzählt wird die Geschichte des Erdbebens von Lissabon von vor 250 Jahren, und das so glaubwürdig, das man das Gefühl hatte dabei zu sein.
Der Autor hat dieses geschichtliche Ereignis in eine fiktive Handlung gebettet. Antero, ein Schmuggler führt uns glaubwürdig durch Lissabon und bringt uns eindrucksvoll die politischen und religiösen Gegebenheiten näher. Durch ihn erfahren wir viel über die Handlungsweisen der Jesuiten und ihrer politischen Gegner. Wir erleben die Hilflosigkeit angesichts einer so großen Katastrophe und wie ein einzelner Mann, nämlich Minister Sebastian de Carvalho versucht, der Lage Herr zu werden.
Sehr eindrucksvoll war die Schilderung der Jesuiten und insbesondere Gabriel Malagridas, der zu dieser Zeit der Wortführer der Jesuiten war. Es hat mich schon beeindruckt, wie ein einzelner Mann im Namen Gottes die Leute so aufwiegeln konnte und wie jeder den Blick für die Realität verlor. Statt sich über Brot zu freuen, dass im Auftrag des Primieminsters verteilt wurde, glaubte man dem Jesuiten, dass das Beben eine Strafe Gottes war und beschimpfte den Minister aufs übelste. Auch der König half nicht wirklich. Er gab zwar die Genehmigungen aus die gebraucht wurden, aber im wesentlichen war es ihm wichtiger, dass sein Park wieder hergerichtet wurde und das er angemessen versorgt war. Dem Autor sind diese Schilderungen sehr gut gelungen.
Die eigentliche Geschichte von Antero und Leonor ist hier so gut hineingepackt worden, das sie ohne weiteres als geschichtlich korrekte Personen durch gehen könnten. Auch die eigentliche Liebesbeziehung zwischen Antero und Leonor erscheint nicht im Geringsten aufdringlich.
Wirkt Leonor am Anfang noch sehr oberflächlich und auf sich selbst bezogen, verändert sich ihre Sichtweise der Dinge im Laufe der Handlung zum Positiven. Es hat mir großen Spaß gemacht ihr bei dieser Wandlung zu zusehen. Zu erleben, wie durch die Ereignisse und durch die Verluste ihr nahe stehender Personen sich ihr Charakter verändert.
Auch war für mich sehr glaubwürdig, wie Antero versucht, das Entstehen eines Erdbebens zu erklären, und wie sein Gegenspieler Malagrida dagegen hielt.Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Autor sich ein wenig mehr Zeit gelassen hätte, und auf einige Episoden etwas genauer und ausführlicher eingegangen wäre. Manchmal hatte ich einfach das Gefühl, als fehlten ein paar Seiten, jedenfalls in Bezug auf die Protagonisten. Es gab einige Charaktere die gerne etwas näher hätten behandelt werden können.So zum Beispiel die kleine Samira und ihr Hund Bento, die mir beide sehr viel Freude beim Lesen bereitet haben.
Am Schluss des Buches befindet sich ein ausführliches Nachwort. Hier geht Titus Müller noch einmal auf die geschichtlichen Details ein. Der Leser erfährt einige weitere interessante Dinge über die Gegebenheiten Lissabons. Für mich war dieser Anhang ein absolutes Plus, ich habe sehr viel über den Jesuitenorden und über Lissabon erfahren. Man sollte diesen Anhang allerdings erst zum Schluss lesen und nicht schon im Vorhinein, da er doch sehr auf die Handlung im eigentlichen Buch eingeht und einiges verrät. Am Ende befindet sich ein ein Glossar und ein interessantes Interview mit dem Autor.
Das Glossar und die Hilfen zur korrekten Aussprache der spanischen Begriffe, hätte ich mir allerdings an den Anfang des Buches gewünscht, da ich sie nun erst am Ende gelesen habe, weil ich auf keinen Fall erst den Anhang lesen wollte. Auch hätte mir eine Karte Lissabons gut gefallen. So ein vorher nachher Vergleich wäre nicht schlecht gewesen.
Note: 2+