Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
erschienen: 2018
Seiten: 480
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3627002482
Klappentext:
Raffael, der Selbstbewusste mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz, der Bumerang in Raffaels Hand: Seit ihrer ersten Begegnung als Kinder sind sie unzertrennlich, Raffael geht voran, Moritz folgt. Moritz und seine Mutter Marie sind Zugezogene in dem einsamen Bergdorf, über die Freundschaft der beiden sollte Marie sich eigentlich freuen. Doch sie erkennt das Zerstörerische, das hinter Raffaels stahlblauen Augen lauert. Als Moritz eines Tages aufgeregt von der Neuen in der Schule berichtet, passiert es: Johanna weitet das Band zwischen Moritz und Raffael zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten keinen unverwundet lassen. Sechzehn Jahre später hat die Vergangenheit die drei plötzlich wieder im Griff, und alles, was so lange ungesagt war, bricht sich Bahn – mit unberechenbarer Wucht. Mareike Fallwickl erzählt von Schatten und Licht, Verzweiflung und Sehnsucht, Verrat und Vergebung. Ihr packendes Debüt bringt alle Facetten der Freundschaft zum Leuchten, die Leidenschaft, die Sanftheit – und die Liebe, in ihrer heilsamen, aber auch funkelnd grausamen Pracht.
Rezension:
Manchmal gibt es so Bücher, die fühlen sich so an, als wären sie nur für mich geschrieben. Manchmal gibt es so Bücher, die schlägt man auf und liest ein paar Zeilen und ist noch nicht mal am Ende der ersten Seite angelegt und man weiß, dieses Buch werde ich lieben. So ging es mir mit „Dunkelgrün fast schwarz“ von Mareike Fallwickl. Ich glaube, ich habe Mareike nach der ersten Seite auf Instagram einen Heiratsantrag gemacht. ;-)
Das Buch war im Frühjahr gefühlt auf all meinen befreundeten Instagram-Accounts ein Thema. Überall sah ich dieses Cover mit den dunklen Blättern und überall Begeisterungsstürme. Ich kannte die Autorin nicht, obwohl sie schon lange selbst einen Buchblog betreibt und mir war das Buch auch nicht in der Verlagsvorschau aufgefallen (wofür ich mich jetzt schäme). Trotzdem war ich irgendwann weichgekocht und kaufte es und tauchte erst nach zwei Tagen aus dieser wahnhaften Freundschaft zwischen Raffael und Moritz wieder auf.
Es ist gar nicht mal die Story, sondern besonders Mareikes unglaublicher Schreibstil, der mich förmlich in das Buch gesaugt hat. Anfangs habe ich noch Textstellen mit Fähnchen markiert. Nach zwanzig Seiten habe ich damit aufgehört, weil „Dunkelgrün fast schwarz“ schlimmer aussah als das Sozialgesetzbuch, welches ich momentan für meine Ausbildung benutze. Es gibt so viele wunderschön komponierte Sätze voller Wärme, Schrecken und Liebe, dass es mich schier umgehauen hat.
Nie zuvor hatte ich mit einem anderen Menschen im selben Bett geschlafen. In den ersten Nächten lag ich wach, hörte ihm beim Atmen zu und spürte überall an meinem Körper seine Nähe, auch an den Stellen, die ihn gar nicht berührten. Es dauerte lange, bis ich zur Ruhe kommen konnte neben ihm, bis ich meine eigenen Träume haben konnte unter derselben Decke. (Seite 93)
Überall sind da diese wundervollen Beschreibungen und Metaphern. Überall die Gedanken der Figuren, die mich ganz tief in ihr Innerstes gezogen haben, die mir jede Figur so nahe gebracht haben, dass jeder Schmerz und jede Sehnsucht so fühlbar ist, als würde man selbst durch die Geschichte irren. So als würde man selbst betrogen oder sich belügen oder ein Leben leben, welches man nicht versteht.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Die Autorin beginnt mit dem erwachsenen Moritz, der gerade mit seiner Freundin ein Kind erwartet, als plötzlich sein Kindheitsfreund Raffael bei ihm auftaucht, den er 16 Jahre nicht gesehen hat. In Rückblenden wird die Freundschaft der beiden geschildert, aber auch das Leben ihrer Mütter und von Johanna, einer Freundin der beiden Jungs, die von dem einen nicht loskommt und den anderen zurück stößt. Die verschiedenen Zeitebenen sind bei Moritz und seiner Mutter Marie in der Ich-Perspektive geschrieben. Bei Johanna bricht die Autorin diese Perspektive, vielleicht um diesen gefährlichen Strudel, in dem Johanna sich befindet deutlicher darzustellen. Die Sprache ist in diesen Szenen auch etwas roher.
Schon alleine deswegen sind in einem diese drei Figuren näher als die anderen, aber besonders Marie versteht es den merkwürdigen kleinen Raffael zu durchschauen und beschreibt seine Mutter mit akribischer Genauigkeit. Sie alle leben in einem kleinen Ort auf dem Dürrnberg, der wie ein eigener kleiner Kosmos wirkt. Raffael bleibt einem bis zum Schluss ein Rätsel, während der feinfühlige Moritz mit der besonderen Begabung für Farben wie ein offenes Buch zu sein scheint.
Die Geschichte zieht seinen Reiz aus den vielen Brüchen. Immer wieder wechselt Fallwickl die Perspektive und die Zeitebene. So wirkt der Roman wie ein Puzzle, das sich erst nach und nach zusammensetzt. Dies trifft sowohl auf die Handlung, als auch auf die Figuren zu, deren Persönlichkeit durch vergangene Geschehnisse, aber auch durch viele Einblicke in ihre Gedankenwelt so real wirken, dass ich mich als stiller Beobachter fühlte und nicht „nur“ als Leserin.
Inhaltlich hat mich das Ende nicht restlos überzeugt. Mir ging das plötzlich ein bisschen zu schnell und zu einfach, aber ich verzeihe es dem Buch, weil die Charakterzeichnungen und die Sprache einfach so außergewöhnlich sind. Mich hat „Dunkelgrün fast schwarz“ tief berührt und ich freue mich schon sehr auf das nächste Buch der Autorin.
Note: 1