Originaltitel: Virtuosity
Verlag: Boje
erschienen: 2012
Seiten: 256
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3414823225
Übersetzung: Sabine Bohse
Klappentext:
Jungstars aus den verschiedensten Ländern gegeneinander an – und nur der Sieg zählt. Carmen steht unter Druck, den sie nur noch mit Tabletten in den Griff bekommt. Doch dann lernt sie Jeremy kennen, ihren ärgsten Konkurrenten um den Sieg. Und obwohl Carmen weiß, dass sie sich vor ihm in Acht nehmen sollte, fühlt sie sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen. Für Carmen ist die Zeit gekommen, sich zu entscheiden: Setzt sie auf Sieg oder auf die Liebe …
Rezension:
Um in der momentanen Flut an Dystopien und paranormalen Romanzen ein Jugendbuch ohne postapokalyptische Welt, glitzernde Vampire und anderes Getier zu finden, muss man schon ein bisschen tiefer graben, aber es lohnt sich, denn ja, es gibt sie noch.
„Virtuosity“handelt von einer ganz normalen jungen Frau, die zwar mit einem ungewöhnlichen musikalischen Talent gesegnet wurde, aber sich ansonsten genauso nach Liebe und Geborgenheit sehnt, wie es wohl jeder von uns tut. Eindrücklich schildert Martinez dabei, wie sehr Erfolg und Ruhm jemanden beeinflussen, fast zerstören kann, wenn es niemanden gibt, der auf einen achtet. So pendelt man gefühltechnisch zwischen Wut auf Carmens Mutter, die in ihrer Tochter sich selbst sieht und durch sie ihre gescheiterte Karriere ungeschehen machen will und Mitleid für Carmen selbst, die es schließlich nur noch mit Beruhigungsmitteln schafft sich dem Leben und der Musik zu stellen.
Tatsächlich sind es zwei Arten von Szenen, die dieses Buch so herausragend machen. Da wären erst einmal die, in denen Carmen mit ihrer Angst kämpft, sich selbst hinter einer Maske von Perfektionismus versteckt und daran unebemerkt fast zu Grunde geht. Anfangs belügt sie sich selbst und glaubt, es gehe ihr gut. Ihr wahren Gefühle verbirgt sie sogar vor sich selbst. Als sie sich dem schließlich stellt, schafft die Autorin ein paar sehr beklemmende Szenen, die den Leser Carmens Panikattacken förmlich spüren lassen.
Auf der anderen Seite sind da diese Momente, wenn Carmen und besonders auch Jeremy auf der Bühne stehen und spielen. Ich habe keine Ahnung, wie Jessica Martinez das macht, aber es wirkt fast so, als würden die Seiten summen und vibrieren. Sie arbeitet mit unglaublichen Bildern und Emotionen, dass mir persönlich ein Schauer über den Rücken lief. Fast so, als würde ich gerade selber in einer Oper sitzen und mich der Musik hingeben.
Zwischen sprachlicher Rafinesse und eindrücklicher Gefühlswelt erzählt Martinez zudem auch noch eine wendungsreiche Geschichte, die bis zum Schluss einige Überraschungen bereit hält. Das Ende ist übrigens obwohl es sich um einen Einzeltitel handelt, ein wenig offen gestaltet und bietet Raum für Spekulationen. Mir hat es gut gefallen, weil Carmen sich Möglichkeiten für ihre Zukunft offen hält und ich mir als Leserin vieles für sie vorstellen konnte.
Abschließend möchte ich auch das ästhetische Cover des Boje Verlages loben und auch das Schriftbild. Auf den ersten Blick mögen 256 Seiten nicht viel sein, aber im Gegensatz zum momentanen Trend Jugendbücher aufzubauschen (große Schrift, viel Seitenrand), muss man doch einiges lesen, um bei „Virtuosity“ die Seite umschlagen zu können.
Note: 1