Verlag: Diana
erschienen: 2010
Seiten: 608
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 3453354400
Klappentext:
Frankreich 1685: Fast täglich besucht Cathérine den alten Nougatmacher Pierre, um ihrem Traum von einem eigenen Süßigkeitenstand auf dem Markt näher zu kommen. Als Cathérines Familie wegen ihres protestantischen Glaubens verhaftet wird, sie selbst aber fliehen kann, wird ihr Rezeptbuch ihr wertvollster Besitz. Als Konfektmacherin macht sie sich einen Namen. Doch der Ruhm ihres Nougats bringt auch die Verfolger ihrer Familie auf ihre Spur…
Rezension:
Endlich gibt es mit „Die Konfektmacherin“ einen neuen historischen Roman von Kirsten Schützhofer und leider muss ich jetzt auch wieder einige Zeit warten, bis ich Nachschub bekomme.
Die Autorin erzählt in ihrem Roman die Geschichte von Catherine, Adrien und Mathieu, drei jungen Erwachsenen aus dem kleinen französischen Örtchen Montélimar, das für sein weißes Nougat berühmt ist. Die Freundschaft aus Kinderzeiten bekommt Risse, als Catherines und Mathieus Familien auf Grund ihres protestantischen Glaubens verfolgt werden und fliehen müssen. Auf der Flucht verlieren sich die Verlobten Catherine und Mathieu aus den Augen. Mathieu gelingt die Flucht nach Deutschland, während Catherine und ihre Schwester Julie in Orléans mit Hilfe des charmanten aber auch etwas undurchsichtigen Fluchthelfers Luc ihr Glück versuchen.
Wer schon allein auf Grund des Titels bei „Die Konfektmacherin“ einen detailierten Roman über die Herstellung des berühmten Nougat oder andere Leckereien erwartet, wird hier ggf. enttäuscht sein. Die Herstellung des Nougat ist zwar im Roman enthalten, aber im Vordergrund stehen die Figuren vor dem historischen Hintergrund der Hugenottenverfolgung in Frankreich, die auch noch über 100 Jahre nach der schrecklichen Bartholomäusnacht das Leben in Frankreich dirigiert. Auch wenn ich weiß, dass Kirsten Schützhofer die Geschichte der Verfolgten erzählen will, fehlt mir dennoch manchmal das letzte wichtige Detail für Verständnis des komplexen geschichtlichen Hintergrunds. Dennoch liefert die Autorin wieder kleine erschreckende Details, die in die Zeit und zu dem Schrecken passen, die mich sehr mitgenommen haben.
Nichtsdestotrotz hat mich das Buch von der ersten Seite an gefesselt, die Nähe zu den Figuren stellt sich schnell ein, vor allem zu Adrien, der mir von den Figuren her am besten gefällt, da er viele verschiedene Facetten hat und mitunter auch den „Bösewicht“ spielt. Er wirkt mit seiner Rolle als Sohn der Familie du Port nicht wirklich glücklich, so dass ich mir oft für ihn wünschte, dass er sich möglichst schnell aus den Fängen seines Vaters un der Familie befreien kann. Aber gerade das alte Familiengeheimnis, dass seine Familie mit der Familie Catherines verbindet und Adriens Loyalität zu seiner Familie, zwingt ihn mitunter zu seinem unsympathischen Handlungen. Dass uns die Autorin erst ganz zum Schluss bezüglich des Familiengeheimnisses aufklärt war abzusehen. Überrascht war ich dennoch über die Lösung dieses Rätsels, da hat mich Kirsten Schützhofer auf dem falschen Fuß erwischt, aber gerade diese Wendung hat mir sehr gut gefallen.
Generell gefallen mir die unterschiedlichen Charaktere des Buches sehr gut. Da haben wir zum einen den etwas undurchsichtigen Luc, der extrem sexy auf mich wirkt, auch ohne, dass er leibhaftig vor mir steht. Aber es gibt auch Gabrielle, eine in Frankfurt lebende Französin, die in ihrer so unaufdringlichen Art – im Gegensatz zu einem Luc beispielsweise – eher eine Figur der leisen Töne ist, mir aber ebenfalls sehr ans Herz gewachsen ist. Ihre Tochter Sophia bringt in ihren Kinderjahren einen fröhlichen, frischen Wind in eine eher bedrückende Zeit bringt. Alles in allem agieren die Figuren in ihrer jeweiligen Situation verständlich und nachvollziehbar. Sie erleben Eifersucht, Wut, Hass, Undankbarkeit ihr Handeln basiert mitunter auf einer emotionalen Kurzschlussreaktion. Teilweise scheinen sie noch in ihrer Vergangenheit festzuhängen und den Absprung in die Gegenwart und Zukunft nicht zu schaffen. Dennoch haben die Figuren genügend Platz um sich weiterzuentwickeln.
Mit der Hauptfigur – der Konfektmacherin Catherine – hatte ich jedoch leider ein paar kleinere Probleme. Ob es nur an ihrem Egoismus liegt, der sich negativ auf ihr Umfeld und nahestehende Personen auswirken kann, weiß ich nicht genau. Denn eigentlich bin ich der Meinung, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und da wohl eine gewisses Maß an Egoismus von Nöten ist. Mir gefällt gut, dass sie so tatkräftig ist und auch in schwierigen Situation meist einen kühlen Kopf behält und ich freue mich für sie, dass sie zumindest zeitweise mit ihrer Leidenschaft ihren Lebensunterhalt verdienen kann. Catherine ist eine Hauptfigur an der man sich als Leser reiben kann und die man nicht immer mag. Das ist etwas, was mir bei Romanen an und für sich gut gefällt, dennoch stellt sich einfach nicht die Nähe zu ihr ein wie beispielweise bei einer Habar (Die Kalligraphin).
Gut gefallen hat mir das teilweise offene Ende des Romans, auch wenn er in sich abgeschlossen ist. Dennoch ist die Zukunft ihrer Protagonisten von der Autorin nicht gefixt worden. Stattdessen hat der Leser die Möglichkeit, sich sein eigenes Ende vorzustellen, je nach Sympathie ist das Ende für die ein oder andere Figur dabei vielleicht zu rosarot und naiv, aber man hängt als Leser einfach an so manchen Figuren und wünscht ihnen einfach alles Glück dieser Welt.
Auch wenn „Die Konfektmacherin“ – zugegebenermaßen auf einem hohen Niveau – für mich das „schlechteste“ Buch der Autorin ist, so ist es Kirsten Schützhofer dennoch gelungen mich mit ihrem wunderbaren Sti und ihre bildhaften Sprache in ein Frankreich des 17. Jahrhunderts zu entführen. Das Land, die Leute werden für mich lebendig, selbst eine einfache Pastete meine ich riechen zu können. Ich habe bei diesem Buch zeitweise an die 50 Seiten in der Stunde lesen können bei einem sonstigen Stundendurchschnitt von ca. 25-30 Seiten. Dies zeugt davon, dass ich ihren Stil und ihre Geschichten sehr mag. Doof ist nur, dass ich schon alle Romane von ihr kenne und jetzt wieder auf Nachschub warten muss. In meinen Augen hätte die Autorin es wirklich verdient, dass ihre Bücher endlich auch als Hardcover erscheinen.
Note: 2