Originaltitel: Jeg blir heldigvis ikke lagt merke til
Verlag: Sauerländer
erschienen: 2015
Seiten: 224
Ausgabe: Hardcover
ISBN: 3737351708
Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel
Klappentext:
Was macht man, wenn man zum ersten Mal alleine wohnt, aber viel zu schüchtern ist, um mit der neuen Freiheit etwas anzufangen? Anne Lise versteckt sich erfolgreich in ihrem Schneckenhaus und lässt nicht einmal ihren Freund Tore so richtig an sich heran. Bis Tore genug davon hat und sie völlig entnervt verlässt. Bis sie ihren Studienplatz verliert. Und bis ihre Eltern ihr den Unterhalt streichen. Aber so ohne weiteres gibt Anne Lise nicht auf! Kurzerhand nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand und sucht sich einen Job. Und dabei wird Anne Lise bemerkt und gegen ihren Willen kennengelernt. Zum Glück!
Rezension:
Ich bin mir nun nach einigen Stunden immer noch nicht darüber im Klaren, was ich von diesem Buch halten soll. Das kleine schmale Bändchen, das zudem noch aus vielen kurzen Kapiteln besteht, dessen Seiten auch nicht immer ganz beschrieben sind, liest sich flott in 1-2 Mittagspausen. Für mich hat es aber nicht viel mit dem Klappentext zu tun.
Anne Lise empfand ich ehrlich gesagt als überhaupt nicht schüchtern. Wenn sie denn redet und mit anderen Leuten kommuniziert, dann sagt sie eigentlich das, was ihr in den Sinn kommt und macht sich auch wenig daraus, dass sie die Leute mit ihrer Eigentümlichkeit verwirrt. Sie ist zwar nicht gern mit anderen Menschen zusammen, aber für mich stellt sich das nicht als Folge von Schüchternheit dar. Anne Lise mag einfach keine anderen Menschen. Sie ist gerne für sich und würde wahrscheinlich niemals aus ihrer Komfortzone heraus treten, wenn das Leben sie nicht dazu zwingen würde.
So wirklich sympathisch war die Protagonistin mir nicht. Sie ist mehr als nur ein bisschen seltsam und auch das Verhalten ihrer Eltern ist merkwürdig. Haben sie die ganzen Jahre über nicht bemerkt, dass ihr Kind eine schwere soziologische Störung hat? Ich meine, ich spreche hier nicht von ein bisschen erröten oder rumstottern, sondern von einer jungen Frau, die sich von Nudeln und Haferflocken ernährt, um tagelang ihre winzige Pappschachtelwohnung nicht verlassen zu müssen.
Natürlich sind Anne Lises Gedankengänge manchmal schon ziemlich witzig. Meistens sind sie allerdings nur schräg und seltsam und ich habe sie des öfteren schütteln wollen, um ihr zu sagen, sie soll diese abstrusen Gedanken abschütteln. Ich meine, sie muss ja nicht zum Partygirl mutieren. Sie kann ja durchaus der eigenbrödlerische Typ bleiben, der lieber mit sich alleine ist. Von dieser Sorte Mensch gibt es auch in der heutigen Zeit genügend. Aber Anne Lise ist so viel mehr. Sie ist gefangen in einer Welt voller abstruser Ideen und Einfälle und ich habe sie einfach nicht verstanden. Tatsächlich kann ich sogar nachvollziehen, dass die ein oder andere Nebenfigur sie für zurückgeblieben hält, denn nicht gerade selten, gibt sie ganz schön bescheuerte Antworten auf normale Fragen.
Es gibt Romane, in denen es die Autoren schaffen solche Außenseiter treffend darzustellen. Liv Marit Weberg treibt es mit ihrer Protagonistin jedoch auf die Spitze und tut sich damit keinen Gefallen. Die an sich nette kleine Geschichte über ein Mädchen, dass ihren Platz im Leben eigentlich gar nicht sucht, ihn dann am Ende aber doch ansatzweise findet, leidet an mangelhafter Glaubwürdigkeit. Ich befürchte mit so jemanden wie Anne Lise kann sich selbst der zurückgezogenste Leser kaum identifizieren.
Dennoch hat der Roman sprachlich etwas ganz Eigenes. Webergs spröde, manchmal abgehackte Sprache, passt perfekt zur Figur und zur Handlung und hat mich dann schon beeindruckt. Auch das Cover ist wunderschön und sehr auffallend, suggeriert jedoch eine Leichtigkeit, die sich zwischen den Seiten dann nicht finden lässt.
Note: 3