Finn, Thomas: Der silberne Traum

Prequel zu „Die Chroniken der Nebelkriege“

Verlag: Ravensburger
erschienen:
2013
Seiten:
445
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3473400882

Klappentext:

Die böse Nebelkönigin Morgoya trachtet nach der Weltherrschaft und ausgerechnet eine Elfe stellt sich ihr in den Weg: Fi. Sie will ihr Volk befreien und hat einen mächtigen Verbündeten: Nikk, den König des Meervolks!

Rezension:

Nachdem ich bereits vor einigen Jahren mit Begeisterung den Zeitreise-Roman „Der Funke des Chronos“ gelesen habe, ist nun „Der silberne Traum“ der zweite Roman von Thomas Finn für mich. Um seine Fantasy-Serie „Die Chroniken der Nebelkriege“ schleiche ich schon seit geraumer Zeit herum und als sich mir jetzt die Möglichkeit bot, das (später erschienene) Prequel zu dieser Serie zu lesen, habe ich zugeschlagen und bin schnell in das Buch und seine Geschichte eingetaucht.

Hauptfigur in „Der silberne Traum“ ist die Elfe Fi aus Albion, die nach einer langen Ohnmacht auf dem Schiff des Klabauterkapitäns Koggs Windjammer mitten im Nordmeer erwacht. Sie kann sich weder daran erinnern, wann noch warum oder wie sie auf das Schiff gelangt ist, die wenigen Erinnerungsfetzen, die ihr jedoch geblieben sind, sagen ihr jedoch, dass sie den Kampf gegen das Böse aufnehmen muss. „Das Böse“ ist die Nebelkönigin Morgoya, die die Heimat des Elfenvolks zerstört und seine Bewohner versklavt hat. In der Möwe Kriwa, dem Klabauterkapitän Koggs und Nikk, dem Sohn des Meerkönigs, findet sie starke Verbündete und Freunde im Kampf gegen die Nebelkönigin und ihre Schattenkreaturen.

Der Erzählstil des Autors ist sehr bildreich und farbenfroh und dadurch leicht und flüssig zu lesen. Allein die Namen der Figuren (Fiadora, Koggs Windjammer oder auch Morgoya oder Kriwa) sind so klangvoll und passend, dass die Figuren sofort vor dem geistigen Auge zu leben beginnen, was das Eintauchen in die Geschichte, ihre Welt und das Geschehen schnell ermöglicht. Gerade wenn ich auf dem Geisterschiff von Koggs Windjammer bin oder mit Nikk und Fi zusammen das Unterwasserreich von Nikks Vater besuche, komme ich mir vor wie in einem Märchen, aus dem man gar nicht auftauchen will. Mag sein, dass die es die Idee des Geisterschiffs mit der untoten Crew schon öfter gab (gerade wenn man die Filme um Captain Jack Sparrow – Fluch der Karibik kennt), aber schön gemacht und verzaubernd ist die Geschichte allemal.

Generell mag ich in diesem Roman die prallgefüllte Fantasywelt mit so vielen wunderbaren Fantasygeschöpften (Feen, Hexen, Elfen, Sirenen, Gargylen, Klabautermännern, Nympfen und Meermännern). Ich liebe solche mystischen Wesen und wenn sie dann noch leicht verschroben sind, wie die Gargyle Dystariel, umso mehr. Alles in allem, finde ich jedoch, dass es fast zu viele Figuren sind, manche können ihr Potential gar nicht richtig entfalten. Außerdem habe ich mehr als einmal den Überblick verloren, so dass ich mir ein Personenregister gewünscht hätte und auch gerne eine Landkarte, aber solche Extras wünsche ich mich ja sowieso immer. Wenn ich mir anschaue, dass die Zielgruppe für das Buch Kinder und Jugendliche sind, finde ich schon, dass es vielleicht schlauer gewesen wäre, wenn der Autor sich auf etwas weniger Figuren konzentriert hätte. Ich persönlich hätte mir auf alle Fälle mehr Tiefgang für die Figuren gewünscht. Die meisten der Figuren sind mir wirklich zu sehr schwarz-weiß gehalten. Im Prinzip kann man die ganzen Figuren in zwei Kategorien einteilen: diejenigen, die gegen die Nebelkönigin kämpfen und diejenigen, die sie unterstützen.

Das ist ein Punkt, an dem man deutlich merkt, dass es für Kinder und Jugendliche geschrieben worden ist. Das Buch sehr schnelllebig und actionreich, hat dafür weniger Tiefgang und manche Probleme lassen sich von unseren Helden auch zu leicht lösen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es so kindertauglich ist, die vielen alten Geschichten aus längst vergangener Zeit und Andeutungen über die früheren Drachenkriege und Schattenkriege immer wieder einzuwerfen. Zumindest bei mir hat sich da der Wunsch aufgetan, dass ich auch gerne Bücher von Thomas Finn zu diesen Begebenheiten lesen würde und das dann bitte möglichst in der chronologischen Reihenfolge. Ich musste mich und meinen Kopf da teilweise schon sehr sortieren um noch durchzublicken.

Trotz der erwähnten Kritikpunkte hat mich das Buch verzaubern können, denn es gibt  viele zauberhafte Momente, in denen man sich sehr wohlfühlt, z.B. die Lichtung mit den Statuen von Avalaion und Poseleion oder der Anblick der Blütenfeen, der einen zum Lächeln bringen kann. Und wenn die Aussicht auf ein erfolgreiches Ende für die Helden in weite Ferne rückt, dann schafft es Koggs Windjammer immer wieder, einen mit seinen Flüchen und Sprüchen zum Lachen zu bringen. Und manche Geheimnisse sind noch nicht gelüftet, zumindest dann nicht, wenn man die eigentlichen Bücher der Trilogie um „Die Chroniken der Nebelkriege“ noch nicht kennt. Gerade Fis Verbindung zu Gilraen, der ihr immer wieder in ihren Träumen erscheint finde ich spannend und macht mich neugierig auf die anderen Bücher.

„Der silberne Traum“ ist wirklich ein sehr schönes Buch, das den Leser wunderbar in eine andere Welt entführen und verzaubern kann. Ich hatte zwar so meine Kritikpunkte, aber alles in allem habe ich das Lesen sehr genossen. Ich habe mich zwischendurch immer wieder gefragt, ob ich mir nicht zu viele Gedanken zu der Geschichte mache und ob ich es nicht einfach nur genießen sollte. Ich bin am überlegen, ob ich das Buch meinem Neffe mal gebe, der altersmäßig der Zielgruppe schon recht nahe kommt – er ist etwas jünger. Mich würde wirklich interessieren, wie er es findet.

Note: 2

Cohn, Rachel: Beta

Band 1 Ananda Serie

Originaltitel: Beta
Verlag:
cbt
erschienen:
2013
Seiten:
416
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3570161641
Übersetzung:
Bernadette Ott

Klappentext:

Elysia ist eine Beta, ein geklonter Teenager, und sie lebt als Dienerin der Menschen auf der paradiesischen Insel Demesne. Ihr einziges Ziel ist es, ihren »Eltern« zu gefallen – bis sie entdeckt, dass nichts so ist, wie es zu sein scheint. Die heile Welt auf der Insel wird von Klonen gestört, die Gefühle und eine eigene Meinung haben, sogenannten defekten Klonen. Und dann entdeckt Elysia, dass auch sie Gefühle hat. Sie verliebt sich und hat Erinnerungen an ihre First, den Menschen, von dem sie geklont wurde und der längst tot sein muss. Ist sie selbst defekt? Dies würde ihren Tod bedeuten, doch Elysia ist bereit zu kämpfen, für ihre Freiheit und für ihre Liebe zu dem geheimnisvollen Tahir …

Rezension:

Auf mich hat „Beta“ einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Rachel Cohn gelingt es hervorragend, eine kühle künstliche Atmosphäre aufzubauen. Das schafft sie in erster Linie jedoch nicht, wie man annehmen würde, durch die Klone, sondern durch die Oberflächlichkeit der Menschen und die perfekte klinische Welt von Demesne.

Tatsächlich ist die Insel so gut beschrieben, dass einem beim Lesen alles ein bisschen heller vorkommt, weil selbstverständlich gibt es auf Demesne nur gutes Wetter, malerische Strände, besonders gefärbtes Meer und die reichen Bewohner wohnen in Palästen in strahlenden hellen Farben. Der Insel fehlt es trotz der offensichtlichen sommerlichen Atmosphäre komplett an Wärme und Behaglichkeit. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, als wäre ich in eine Raffaello-Werbung gestolpert.

Gesteigert wird dies durch die unglaubliche Gefühlskälte der meisten menschlichen Protagonisten. Elysias Käufer sind exzentrische Egoisten. Die Mutter ist eine eigentlich unglückliche gelangweilte Tussi, der Vater ein geiler alter Bock, der weder Achtung vor seiner Frau, noch vor seinen Dienstboten hat. Die Kinder ergehen sich als Jugendliche im Einschmeißen des Rauschmittels Raxia, um überhaupt noch etwas anderes als Langeweile zu empfinden. Ansonsten verbringen sie ihre Zeit mit Cyberspielen und Faulenzen. Die meisten haben keine Aufgabe und keine Ziele. Einzig die kleine Liesel scheint so etwas wie Gefühle zu haben, denn sie zeigt sowohl Angst, als auch Herzenswärme, aber letztlich ist Elysia für sie auch nur ein Ding, welches ihre ältere Schwester, die fortgegangen ist, ersetzen soll.

Elysia selbst ist einem als Leser durch die Ich-Perspektive zwar näher, aber so richtig zu fassen bekommt man sie nicht. Sie wirkt immer ein bisschen entrückt, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass sie selbst nicht wirklich weiß wer sie ist und das sie nicht weiß wie sie Gefühlen, Wut und Angst begegnen soll. Dies mag sich im Laufe der Fortsetzungen vielleicht noch ändern, denn am Ende von „Beta“ ist Elysia bereits meilenweilt von einem gehorsamen Klon entfernt.

Der Roman ist zwar nicht ohne Handlung, aber bis auf kleinere Zwischensequenzen geht es besonders in der ersten Hälfte eigentlich nur um das Verhalten der Menschen und der Klone. Man könnte „Beta“ auch als Gesellschaftsstudie betrachten und einige werden dies vielleicht langweilig finden. Mir hingegen hat das gut gefallen, auch wenn ich mir von Rachel Cohn in einigen Szenen mehr Eindrücklichkeit gewünscht hätte. Zwar passt die grundsätzliche Oberflächlichkeit der Personen zur Geschichte und sie zeigt auch großartig die Leere in ihnen, aber das gleichmäßige Voranschreiten der Handlung ohne nennenswerte Höhepunkte wirkt manchmal fast einlullend.

Problematisch sind dann für mich die letzten 60 Seiten des Buches, auf denen sich die Ereignisse überschlagen. Punktete „Beta“ bei mir bisher durch Atmospähre und durch eine bedächtige Langsamkeit, wirft die Autorin plötzlich alles über Bord und handelt die wohl wichtigste Wendung innerhalb von zwei Seiten ab. Auch wenn ich zudem kein Fan von Grausamkeiten in Büchern bin, war mir besonders diese Stelle zu wenig beschrieben und durch das schnelle Abhandeln, wird das Ganze fast irreal.

Dann geschehen jedoch ganz am Schluss noch einmal zwei Überraschungen, die mich trotz allem neugierig machen auf die Fortsetzung, die hoffentlich wie das Original noch dieses Jahr erscheinen wird. Hervorheben möchte ich abschließend das wirklich sehr schöne Cover, welches meine Vorstellung von Elysia zu 100% trifft.

Note: 2-

Morel, Alex: Survive

Originaltitel: Survive
Verlag:
INK
erschienen:
2013
Seiten:
256
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3863960475
Übersetzung:
Michaela Link

Klappentext:

Wie durch ein Wunder überlebt Jane einen Flugzeugabsturz mitten in den Rocky Mountains. Ironie des Schicksals – genau für diesen Tag hatte sie ihren Selbstmord geplant. Außer Jane hat es nur noch ein einziger Passagier geschafft: Paul. Gemeinsam schlagen sich die beiden Teenager durch die eisige Wildnis, und dabei erkennt Jane zum ersten Mal seit Langem: Sie will leben. Das ist vor allem Paul zu verdanken, der ihr Bestes zum Vorschein bringt. Nie zuvor hat Jane so etwas für jemanden empfunden, und für diese unverhoffte Liebe wächst sie über sich selbst hinaus …

Rezension:

Dieses keine 300 Seiten lange Jugendbuch ist ein Tour de Force Ritt für jeden Leser. Abseits von Fantasy, Dystopien und anderen momentan sehr beliebten Themen geht es in „Survive“ um zwei Jugendliche in unserer realen Welt. Dabei ist aber besonders die Protagonistin außergewöhnlich zu nennen. Jane leidet unter Depressionen und ist nun seit einem Jahr in einer Klinik untergebracht, wo man ihr helfen will. Doch Jane spielt Pflegern und Ärzten etwas vor und plant seit Wochen sich umzubringen. Als sie zu einem Weihnachtsurlaub nach Hause fliegen darf, will sie ihren Plan in die Tat umsetzen. Sie will sich während des Fluges mit Tabletten umbringen.

Es vergehen ca. 50/60 Seiten bis es zum im Klappentext erwähnten Flugzeugabsturz kommt, aber bis dahin hat man als Leser schon einiges zu verarbeiten. Jane ist eine zutiefst traurige junge Frau, die, man muss es so krass sagen, einer Familie von Selbstmördern entstammt. Die Ich-Erzählerin ist nicht wirklich sympathisch zu nennen. Sie wirkt abgeklärt, kann keinen Schritt tun ohne alles zu planen und hat eine fast sarkastische Art ihre Sicht der Dinge zu zeigen. Wie sie über den Selbstmord ihres Vaters, der sich eines Nachts eine Kugel in den Kopf schoss, denkt und redet, zeugt gleichzeitig von großer Wut und großer Traurigkeit.

Ihre Mutter verharrt in dieser Trauer und ist Jane keine große Hilfe. Weder als junges Mädchen, noch als Teenager kann sie die Tat ihres Vaters verstehen und fast hat es den Anschein, als müsse sie selbst erst diese Tat begehen, um zu verstehen, wieso all dies passiert ist. Interessanterweise verklärt weder der Autor noch Jane den Selbstmord an sich. Sie gibt sich keiner romantischen Vorstellung hin, aber aus irgendeinem Grund glaubt sie, es sei ihr vorbestimmter Weg.

Und dann geschieht der Absturz, der nicht nur eine unfassbare Veränderung in Janes Denken vollzieht, sondern ca. 160 Seiten spannungsgeladene Szenen nach sich zieht. Jane und Paul sind die einzigen Überlebenden und wie sich durch die Wildnis und fast tödlicher Kälte schlagen, ist einfach nervenzerreißend und brutal beschrieben. Ich habe noch nie beim Lesen eines Buches so gefroren wie bei „Survive“. Selbst mit Wärmeflasche und Doppeldecke im Bett, läuft es einem in so mancher Szene eiskalt den Rücken herunter.

Auch sprachlich hat mich der Roman überzeugt. Jane ist wie gesagt eher sarkastisch veranlagt, aber der Autor passt ihren Erzählstil dem Geschehen an. Besonders direkt nach dem Absturz wirken Janes Gedanken gehetzt und sie selbst reagiert wie auf Autopilot, was sich in kurzen fast stakkatohaften Sätzen zeigt. Auch ansonsten zeigt sich Alex Morel manchmal schonungslos schnörkellos. Wenn es um Gefühle oder lebensbedrohliche Situationen geht, haut er schon mal einen besonders trockenen Satz raus, der einem durchaus manchmal die Schuhe auszieht. Bei „Survive“ sollte man sich nicht wundern, wenn man auf nicht mal 300 Seiten einiges an Gefühlchaos erlebt. Tatsachlich war es ein Buch, bei dem ich seit ewigen Zeiten mal wieder ein Tränchen verdrückt habe.

Die Beziehung zwischen Jane und Paul ist natürlch auch der Notlage geschuldet, in der sie sich befinden, aber trotz der atemberaubenden Spannung schafft es der Autor, in den wenigen ruhigen Momenten zu zeigen, dass sie auf ihre Art viel gemeinsam haben und doch gut zusammen passen.

Faszinierenderweise ist das Buch von einem Mann, was ich erst während des Lesens festgestellt habe, als ich mal einen Blick auf die Innenklappe warf. Normalerweise vermutet man hinter einer weiblichen Protagonistin immer eine Autorin, aber siehe da, auch ein Autor kann das Innenleben eines weiblichen Wesens perfekt beleuchten.

Das Buch habe ich in einer Leserunde gelesen und obwohl es alle sehr gut gefunden haben, war doch keine so begeistert wie ich. Aus irgendeinem Grund war ich also besonders empfänglich für das Buch oder gerade in der richtigen Stimmung. Das sollte man vielleicht beim Lesen dieser enthusiastischen Rezension beachten. ;-)

Note: 1+ (mit Sternchen)

Engelmann, Gabriella: Im Pyjama um halb vier

mit Jakob M. Leonhardt
Verlag:
Arena
erschienen:
2013
Seiten:
237
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3401067931

Klappentext:

Lulu macht sich bei Facebook auf die Suche nach dem Ben, den sie auf der letzten Party kennengelernt hat. Sie findet … einen anderen, mit dem sie von nun an jeden Tag chattet. Sie erzählen sich Dinge, die sie sonst niemandem erzählen würden. Dinge, die unter normalen Umständen unausgesprochen bleiben. Und plötzlich entstehen Gefühle, gegenüber diesem Fremden, den man eigentlich gar nicht kennt.

Rezension:

Heute ist etwas was passiert, von dem ich ehrlich gesagt nicht mehr weiß, wann es mir das letzte Mal passiert ist. Ich habe heute morgen ein Buch gekauft und hatte es am späten Nachmittag durch. Die eine Hälfte in meiner Mittagspause und der Rest dann zu Hause. Nun gut, das neue Jugendbuch von Gabriella Engelmann und ihrem Co-Autor Jaob M. Leonhardt hat keine 240 Seiten und besteht ausschließlich aus Dialogen bzw. Facebook-Nachrichten und Chats und meine Lesewut ist somit keine Nobelpreis verdächtige Leistung, aber dennoch erwähnenswert.

Für mich war es das erste Buch der Autorin, die mit ihren modernen Märchenadaptionen bereits viele Fans um sich geschart hat und sie hat mich blendend unterhalten. Es ist eine süße kleine Geschichte über die ersten Beziehungsprobleme, Freundschaft und die Sorgen, die Jugendliche in ihrem Alltag so bewältigen müssen. Dabei geht es recht umgangssprachlich zu, weil Lulu und Ben sich eben nur über Facebook unterhalten und es keinen Erzähltext gibt. Dennoch verzichten die beiden Autoren auf übertriebene Modewörter oder eine zu große Ansammlung von Umgangssprache. Meist unterhalten sich die zwei Teenager doch ziemlich gesittet! ;-)

Obwohl es wie gesagt keinen Erzähltext gibt, streuen die Autoren zwischen den Zeilen genügend Informationen ein, um die Protagonisten lebendig werden zu lassen. Nach und nach erfährt man etwas von ihren Familien, ihrer Vergangenheit, etc. und so werden sie greifbar und verharren nicht in leblosen Facebook-Profilen. Zu den privaten Nachrichten gibt es auch immer wieder kleinere Pinnwand-Gespräche, in die sich auch Freunde von Lulu und Ben einschalten.

Zwar wartet das Buch gen Ende mit einer ziemlichen Überraschung auf, die ich tatsächlich nicht erwartet hatte, aber dennoch muss ich sagen, dass „Im Pyjama um halb vier“ eben auch nicht mehr als ein nettes kleines Buch für zwischendurch ist. Lulu und Ben sind mir zwar sehr sympathisch und auch ans Herz gewachsen (besonders auch durch die Wendung am Schluss), aber die beiden waren mir irgendwo auch ein bisschen zu perfekt. Besonders Ben, der mit seiner verständnisvollen und charmant ehrlichen Art vielleicht ein bisschen too much Germanys next Traumprinz darstellt. Zwar macht er auch Fehler und Dummheiten, macht dies aber mit Feingefühl und ehrlicher Reue wieder wett. Für mich wirkte er einfach manchmal zu erwachsen, zu vernünftig, zu sehr wie ein Junge, den sich jede 16jährige wünscht.

Wer sich jedoch mal 2-3 Stündchen einer putzigen Liebesgeschichte mit ein bisschen Herzschmerz hingeben möchte, der sei dazu ausdrücklich eingeladen. Dafür ist man schließlich nie zu alt!

Note: 2-

Shaw, Ali: Der Mann, der den Regen träumt

Originaltitel: The man who rained
Verlag:
Script5
erschienen:
2013
Seiten:
332
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3839001463
Übersetzung:
Sandra Knuffinke & Jessika Komina

Klappentext:

Wie Kreide, vom Regen zu einem weißen Schleier verwaschen, begannen seine Umrisse zu verschwimmen und seine Konturen schwanden, beinahe unmerklich. Im einen Moment sah Elsa einen Mann vor sich und im nächsten nur noch eine graue Silhouette. Seine Haut wurde zu Nebel. Die Sonne hinter ihm ließ ihn erstrahlen und umrahmte ihn mit ihrem goldenen Schein, bis er nichts mehr von einem Mann an sich hatte, sondern immer mehr einer Wolke glich, die durch Zufall die Form eines Menschen angenommen hatte.“ Finn ist kein gewöhnlicher Mann, ihn umgibt ein Geheimnis. Es ist der Grund für sein Einsiedlerleben und der Grund, warum die Einwohner von Thunderstown ihm nicht wohlgesinnt sind. Doch trotz aller Gerüchte und Anfeindungen hält Elsa zu Finn. Gemeinsam versuchen sie, ihre Liebe gegen all die Widerstände zu behaupten.

Rezension:

Immer wieder musste ich beim Lesen an „Das Mädchen mit den gläsernen Füßen“ denken, denn es gibt doch die ein oder andere Parallele. Auch hier ist die Handlung von unglücklichen Menschen bevölkert und die Stimmung ist dem entsprechend sehr melancholisch. Mich hat das nicht gestört, denn das Buch kam für mich genau zur richtigen Zeit, um mir den ein oder anderen Denkanstoß zu geben.

Die zentrale Figur ist Elsa. Sie ist 29 Jahre alt und hat gerade erst ihren Vater verloren, auf den das Wetter eine merkwürdige Faszination ausgeübt hat. Elsa glaubt nicht an die Liebe und hat sie selbst auch noch nicht erlebt, außer die Liebe zu ihrem Vater. Hier ein Zitat von ihr:
„In New York hatte ich irgendwie immer das Gefühl, dass mein Leben …. einfach über mich hereinbricht. Es war, als könnte ich nicht selbst darüber bestimmen, sondern hätte gar keine andere Wahl, als einfach loszugehen und es zu leben. Und dann sind Anfang dieses Jahres ein paar Sachen passiert, durch die ich erkannt habe, dass ich mein Leben selbst bestimmen will, dass ich der Mensch sein will, für den ich mich halte. Darum bin ich wahrscheinlich hergekommen, weil ich glaube, dass ich hier genug Raum habe, um diesen Menschen in mir zu finden.“

Ali Shaw hat wieder ganz wunderbare und fantasievolle Ideen, die ich gar nicht näher beschreiben möchte, denn es ist einfach schön, wenn man sie beim Lesen entdeckt. Doch sie stehen nicht im Vordergrund, sondern mehr die Menschen und wie sie mit ihrem Schicksal umgehen. Ich hätte zwar gerne ausführlicher darüber gelesen, und finde es auch schade, dass manches Phänomen nicht  aufgeklärt wird. Aber so ist es bei Ali Shaw. Bei ihm sind die fantastischen Elemente mehr zur Verstärkung der Atmosphäre gedacht.

Für mich waren es gleich mehrere Themen, mit denen ich mich als Leserin konfrontiert sah. Zum einen geht es um Trauerbewältigung. Wie gehen die Menschen damit um, wenn sie  jemanden verlieren? Dann geht es noch darum, wie Eltern das Leben und Denken ihrer Kinder beeinflussen, indem sie ihnen Ängste einimpfen oder aber die Freude an bestimmten Dingen vermitteln. Und der letzte Schwerpunkt war für mich der Umgang der Menschen mit dem Unbekannten, das sie nicht verstehen. Und was hilft uns mit all diesen Problemen und Lasten fertig zu werden? Natürlich die Liebe, aber nur, wenn man sie zulässt!  Allerdings ist es nicht so, dass jeder Bereich ausführlich und eindringlich erzählt wird. Vielmehr bleibt dem Leser Raum, sich selbst seine Gedanken dazu zu machen.

Das alles schildert Ali Shaw in seinem gewohnt ruhigen Schreibstil, untermalt mit atmosphärischen Beschreibungen, mit denen es ihm meistens gelingt die Stimmung spürbar zu machen. Es gab zwar die ein oder andere Länge, doch insgesamt habe ich das Buch sehr gerne gelesen und vor allem am Ende sind die Seiten nur so dahin geflogen. Ich freue mich schon auf das nächste Buch des Autors, das ich auf jeden Fall auch wieder lesen werde!

Fazit: Ein eher ruhiges und melancholisches Buch um eine Liebesgeschichte, die durch mystische Elemente atmosphärisch untermalt wird.

Note: 2-