Nielsen, Susin: Glücklich für Anfänger

Originaltitel: We are all made of molecules
Verlag:
cbt
erschienen:
2015
Seiten:
288
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3570163598
Übersetzung:
Claudia Max

Klappentext:

Als Stewart (13) und sein Vater aus ihrem kruschigen Häuschen samt Kater und Häkeldecke ins gestylte Designerheim von Ashley (14) und ihrer Mom ziehen, sind nicht alle gleich glücklich. Während Stewart doch nur eine gute Geschwisterbeziehung aufbauen will, geht Ashley der nerdige Patchworkbruder total auf den Keks. Denn womöglich könnte »Spewart« ihr peinlichstes Geheimnis ausplaudern: dass ihr Vater schwul ist und deshalb die Familie verlassen hat. Als Stewart mit unerschütterlich positivem Denken ein wenig nachhilft, damit Ashley und ihr heimlicher Schwarm Jared ein Paar werden, geraten die Geschwister in einen Strudel von Ereignissen, der sie einander näher bringt, als sie sich je hätten träumen lassen.

Rezension:

Schaut man sich in den Klatschblättern dieser Welt um, wird gefühlt jede zweite Ehe geschieden. Sind dann noch Kinder involviert und verliebt sich ein Elternteil neu, ist die neue Patchworkfamilie perfekt. Was das sowohl für die Eltern, aber auch besonders für die Kinder bedeutet, erzählt Susin Nielsen leichtfüßig, warmherzig und mit ganz viel Feingefühl.

Im Fall von Stewart und Ashley kann man das ganze schon einen Zusammenprall der Kulturen nennen, denn Stewart und sein Vater gehören eher zur gemütlichen Sorte, während es bei Ashley und ihrer Mutter vor Designergedöns nur so wimmelt. Das die beiden Kinder auch charakterlich auf den ersten Blick vollkommen unterschiedlich sind, verwundert deswegen nicht. Sicherlich ist einem der gutmütige und ein bisschen wunderliche Stewart näher, als die anfangs doch recht zickige Ashley. Ganz bezaubernd ist es, wie der Junge, seiner neuen Schwester einfach nur ein guter Bruder sein will. Aber nach und nach merken die beiden schon, dass sie sich ähnlicher sind, als gedacht. Stewart vermag es einfach wunderbar Ashley von ihrem hohen Ross herunterzuholen und ihr die Augen für Freundschaft und Ehrlichkeit zu öffnen.

Das Buch ist definitiv auch schon etwas für jüngere Leser ab 12 Jahren, ohne ältere Teenager (oder Erwachsene) zu langweilen. Dafür ist besonders Stewart einfach viel zu knuffig und ja, ein bisschen nerdig. Man kommt sich glatt ein bisschen doof vor, weil man von einem 13jährigen sogar was beigebracht kriegt. Gott, ist der schlau! Schön finde ich auch, dass es endlich mal einen männlichen Protagonisten in einem Jugendbuch gibt, welches aber trotzdem beide Geschlechter anspricht. Normalerweise sind das dann immer echte Jungsbücher, mit denen Mädchen in dem Alter selten etwas anfangen können.

Für mich stimmt auch einfach die Mischung in dem Buch. Es gibt jede Menge komische Momente, aber auch leise Szenen, da die ganze Situation Ashley doch mehr bedrückt, als sie es zugeben mag. Besonders die Homosexualität ihres Vaters und die befürchteten Hänseleien werden hier zur Sprache gebracht. Das Buch wird übrigens abwechselnd aus Ashleys und aus Stuarts Sicht erzählt. Letzter unterbricht das Geschehen auch gerne mal mit Listen und Diagrammen. Hab ich schon erwähnt, dass er echt schlau ist? ;-)

Die Autorin sollte man sich auf jeden Fall merken und ich freue mich schon auf ihr neues Buch, welches im Februar unter dem Titel „Die hohe Kunst, unterm Radar zu bleiben“ ebenfalls bei cbt erscheint.

Note: 1

Zevin, Gabrielle: Die Widerspenstigkeit des Glücks

Originaltitel: The Storied Life of A.J. Fikry
Verlag:
Diana
erschienen:
2015
Seiten:
288
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3453358627
Übersetzung:
Renate Orth-Guttmann

Klappentext:

Amelia ist Verlagsvertreterin und lernt dabei die eigenwilligsten Buchhändler kennen. Genau so einer ist A. J. Fikry. In seinem Herzen haben nur turmhohe Bücherstapel Platz. Bis er einen ungebetenen Gast entdeckt: Eines Morgens sitzt die zweijährige Waise Maya in der Kinderbuchecke seiner Buchhandlung. Gegen seinen Willen nimmt sich A. J. des kleinen Mädchens an, das sein Leben kurzerhand auf den Kopf stellt. Und auch Amelia wird er nicht so schnell vergessen können …

Rezension:

Als Buchhändlerin ist man per se immer sofort mit dem Buch an der Kasse, wenn es im selbigen um Buchhändler, Buchhandlungen und Bücher geht. Wenn der Protagonist dann noch ein Eigenbrötler mit einem winzigen Laden ist, der nur das verkauft, was er verkaufen will, dann setzt es bei uns Buchhändlerin im Oberstübchen komplett aus. Das ist nämlich Paradies, Disneyland, Weihnachten und Championsleague-Sieg in einem – um mal meine Prioritäten offen zu legen! :mrgreen:

Tatsächlich ist die keine 300 Seiten starke Geschichte richtig etwas für Nostalgiker und strotzt deswegen trotzdem nicht vor Gefühlsduseligkeit. Letzteres liegt sicherlich an A.J., der schon ziemlich verschroben ist und mit dem ich mich dann letztlich doch nicht ganz identifizieren konnte. Er ist mir manchmal zu intolerant und zu extrem, aber letztlich macht das auch ein bisschen den Charme des Romans aus. Es ist eben nicht alles glatt und zuckrig, was sich übrigens auch im Schreibstil widerspiegelt.

Dafür hält A.J. jede Menge Weisheiten und Gedanken über Bücher parat, die man sich am liebsten direkt in ein kleines Büchlein schreiben möchte. Überhaupt hat mir der Stil des Romans sehr gut gefallen. Zevin schreibt leichtfüßig und hat ein gutes Gefühl für realistische und knackige Dialoge. Die Figuren werden dadurch sehr fassbar und trotz der doch wenigen Seiten, erschafft die Autorin eine große Nähe zwischen Leser und den Protagonisten.

Das Ende wird sicherlich nicht jedem gefallen, aber ich fand gerade diese überraschende Komponente richtig gut und mal was anderes. Geradlinige Geschichten, die immer genauso ausgehen, wie man sich das vorstellt, gibt es im Unterhaltungs-Genre schon genug. Ich finde übrigens auch das Cover ganz bezaubernd mit den Buchrücken und dem Leuchtturm (A.J. lebt auf einer Insel) und kann diesen Roman nur allen Buchliebhabern empfehlen.

Note: 2

Baker, Tiffany: Die vergessene Tochter

Originaltitel: Mercy Snow
Verlag:
btb
erschienen:
2015
Seiten:
352
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3442748305
Übersetzung:
Astrid Mania

Klappentext:

Ein marodes Anwesen in den Wäldern von New Hampshire. Das ist alles, was Mercy und ihren Geschwistern nach dem Tod ihrer Mutter bleibt. Doch auch wenn das Geld knapp und der Winter hart ist, sie halten zusammen. Im Städtchen Titan Falls beobachtet man die Geschwister hingegen mit Argwohn. Allen voran June McAllister, denn seit Generationen sind ihre Familien verfeindet. Einzig die alte Hazel, die ein schweres Schicksal selbst zur Außenseiterin gemacht hat, gibt Mercy eine Chance. Dann erschüttert ein Unfall, bei dem ein junges Mädchen stirbt, die Stadt, und inmitten von Trauer und Anschuldigungen kommen alte Geheimnisse ans Licht.

Rezension:

Kleinstädte dieser Welt haben alle diesen fadenscheinigen Anblick von Idylle, hinter der es vor Vorurteilen und Hass nur so brodelt. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass nur Amerikaner dies so gut einfangen können, wie es auch Tiffany Baker in „Die vergessene Tochter“ tut. Vermutlich liegt dies auch am american way of life, der für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, einfach ein grandioses Fiasko ist.

Mercy und ihre Geschwister sind Waisen und müssen sich in ihrem kargen Leben zurechtfinden. Nicht besonders hilfreich ist es sicherlich, dass auch die Nachbarn in Titan Falls eher argwöhnisch, denn gutmütig sind. Diese Atmosphäre aus Ablehnung und Armut, aber auch den tiefen Zusammenhalt der Geschwister, fängt Baker gekonnt ein. Ihre Sprache ist sehr süffig und bildreich und man glaubt, wirklich jeden Baum und jedes Haus in Titan Falls vor Augen zu haben. Auch in der Charakterisierung ihrer Figuren geht sie sehr ins Detail, was das ganze Geschehen sehr realistisch wirken lässt. Es ist, als würde man selbst den Staub der Straßen oder die Kälte des Winters spüren.

Die Autorin benutzt ihre Figuren zudem äußerst geschickt, weil sie die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Das mag manchmal etwas ungewöhnlich erscheinen und man muss sich darauf einlassen, aber wenn man dies tut, dann ergibt das alles ein faszinierendes Puzzle, welches sich auf unvorhergesehene Weise zusammenfügt.

Aber auch die Geschichte hat mich vollkommen überzeugt. Lang gehegte Geheimnisse sind in Familienromanen ja nicht unbedingt was Neues, aber mich haben einige Wendungen in „Die vergessene Tochter“ doch auf dem falschen Fuß erwischt. Tatsächlich herrscht den ganzen Roman über eine knisternde Spannung, weil man nie weiß, was die Autorin sich als nächstes einfallen lassen wird. Und das gepaart mit dem feinfühligen Schreibstil, den interessanten Figuren und der schonungslosen Darstellungen der Verhältnisse der Geschwister, schafft einen immens packenden Roman.

Note: 1

Pons, Brigitte: Eine saubere Angelegenheit

Verlag: LYX
erschienen:
2015
Seiten:
320
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
380259536X

Klappentext:

Ausgerechnet Kriminalhauptkommissar Torge Hansen, der als wenig diplomatisch gilt, soll einen Mordfall aufklären, bei dem Fingerspitzengefühl gefragt ist. Der Bodyguard eines umstrittenen Politikers wurde mit durchtrennter Kehle aufgefunden. Es mangelt an verwertbaren Spuren, jedoch nicht an Verdächtigen. Während sich die Ermittlungen im Umfeld des Politikers als zäh erweisen, hat das Privatleben des Toten einiges zu bieten: Frauen, Frauen und noch mal Frauen. Hat eine davon ihn auf dem Gewissen? Als das Geständnis einer Selbstmörderin auf Torges Schreibtisch landet, scheint der Fall gelöst. Schnell und sauber. Zu sauber für Torges Geschmack …

Rezension:

Im Fokus der Handlung steht Kriminalhauptkommissar Torge Hansen. Er ist koffeinsüchtig, wenig diplomatisch und seine Hormone spielen in der Nähe schöner Frauen verrückt. Das macht sich bemerkbar als er während der Ermittlungen auf Dorothee trifft. Sie war eines der letzten Dates von Raymond und hat sich erst vor kurzem von ihrem Lebensgefährten getrennt. Unfreiwillig verstrickt sie sich immer tiefer in den Fall.

Es wird ein Ermittlungsteam gebildet und zu Torges Verdruss wird ausgerechnet AK zum Leiter bestimmt. In Torges Augen ist Kriminalhauptkommissar Arno Kessler mächtig scharf auf Prestige und er hechelt deshalb sabbernd jeder Gelegenheit hinterher, die ihn ein Stück weiterbringen kann. Da kommt ihm der Mord am Bodyguard eines Politikers gerade recht. In Gedanken setzt Torge die Abkürzung AK mit Arschkriecher gleich. Doch mit seinen Kollegen Rollo und Florian verbindet ihn ein freundschaftliches Verhältnis und sie lästern gerne mal hinter AK’s Rücken über ihn ab.

Und genau das hat mir so gut an dem Buch gefallen. Es lebt von den Beziehungen der Personen untereinander und den Dialogen. Mit viel Humor schildert die Autorin, wie das Team die Ermittlungen aufnimmt und dabei auch mal in einer Sackgasse landet. Auch wenn es zu ein paar Reibereien kommt, ziehen doch alle an einem Strang und jeder bringt sich seinen Fähigkeiten entsprechend ein.

Sicher gibt es spannendere Kriminalromane und vor allem die Auflösung des Falles war zwar originell, aber auch etwas abstrus und kurios. Aber gerade diese Überzeichnung war unterhaltsam und hat für etwas Spannung gesorgt.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Ich habe es mit in den Urlaub genommen und mich beim Lesen gut unterhalten und oft geschmunzelt. Was will man mehr?

Interessant ist hierbei, dass es die meisten Schauplätze so oder so ähnlich tatsächlich in Frankfurt und Umgebung gibt. Wer näheres darüber erfahren möchte findet dazu Informationen in diesem Interview mit der Autorin: http://www.egmont-lyx.de/brigitte-pons-ueber-ihren-roman-eine-saubere-angelegenheit/

Note: 2

Miller, Jax: Freedom’s Child

Originaltitel: Freedom’s Child
Verlag:
Rowohlt Polaris
erschienen:
2015
Seiten:
363
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3499269759
Übersetzung:
Jan Schönherr

Klappentext:

Sie raucht, sie flucht, sie trinkt. Und lässt sich von niemandem was sagen. Jeder in der Stadt schätzt – oder fürchtet – Freedom Oliver. Keiner kennt ihren wahren Namen, ihr altes Leben: ausgelöscht. Das Leben, in dem sie ihren Mann erschoss, den Schwager ans Messer lieferte und ihre Kinder verlor. Das Leben, das sie für das Zeugenschutzprogramm hinter sich ließ. Nur spät in der Nacht verfolgt Freedom per Facebook, wie Mason und Rebekah erwachsen werden.

Und dann kommt der Tag. Der Tag, an dem ihre Feinde Rache schwören. An dem Rebekah verschwindet. Und Freedom weiß: Sie kann sich nicht länger verstecken, sie muss handeln …

Rezension:

Das Buch beginnt mit einem zweiseitigen Prolog, der zeitlich nach dem finalen Showdown angesiedelt ist. Er beginnt mit dem Satz „Mein Name ist Freedom Child, und ich habe meine Tochter getötet.“ Nach diesem Satz und den folgenden zwei Seiten war mir klar, dass dieser Thriller keine leichte Lektüre ist, aber ich war nicht im mindesten auf das gefasst, was da auf mich zukam.

Freedom ist wie ein Faustschlag ins Gesicht. Sie flucht, säuft und schlägt lieber gleich zu, ohne lange Vorrede. Doch hinter dieser harten Fassade verbirgt sich eine gequälte Seele. Sie ist so kaputt, dass ich mich beim Lesen immer wieder gefragt habe, ob sie jemals in ein „normales“ Leben mit Familie und Freunden zurückkehren kann.

Doch wie wurde sie zu diesem Menschen? Hat sie tatsächlich ihren Mann getötet, wie es die Cops vom Zeugenschutzprogramm behaupten. Und warum hat sie keinen Kontakt zu ihren Kindern, die getrennt von ihr aufgewachsen sind. Nach und nach erfährt man ihre Vorgeschichte, in der Matthew, wegen dem sie im Zeugenschutzprogramm ist, eine große Rolle spielt. Als dieser vorzeitig aus der Haft entlassen wird hat er nur ein Ziel: Freedom zu finden.

Ich hatte das Gefühl zu wissen, wie die Handlung verlaufen wird. Aber da habe ich mich geirrt, denn die Autorin hat jede Menge erschreckende und überraschende Wendungen auf Lager und vor dem Leser enthüllt sich nach und nach Freedoms traurige und ungeheuerliche Vergangenheit und es offenbart sich ein Geflecht von Verbindungen. Wie ein roter Faden zieht sich die Liebe zu ihren Kindern, die sie seit 20 Jahren nicht gesehen hat,  durch das Buch. Für deren Sicherheit würde sie alles tun, und von dieser Liebe wurde und wird ihr Handeln bestimmt.

Geschildert wird das Geschehen in verschiedenen Handlungssträngen, die sich auf einige Personen verteilen. Gekonnt wechselt die Autorin den Grundton, je nachdem wer gerade im Fokus steht. Besonders gut hat mir gefallen, dass sie die schlimmsten Grausamkeiten schildert, ohne sich in grausig detaillierten Schilderungen zu verlieren.

Hier geht es um Gewalt, Scheinheiligkeit und Begehren und Blut und Alkohol fließen in Strömen. Es wird deutlich, dass das Böse ganz unterschiedliche Gesichter haben kann. Zum Glück gibt es ab und zu zwischendurch Lichtblicke und gute Menschen, die für ein paar entspannte Lesemomente sorgen und genau wie Freedom kommt man als Leser etwas zur Ruhe, bevor es wieder voller Anspannung und Action weitergeht.

Ist das Geschehen immer glaubwürdig? =>Nein!
Wird hier spannungsgeladene Unterhaltung voller Action geboten? => Ja!

Fazit: Ein spannender Thriller mit einer ungewöhnlichen Heldin.

Note: 2+