Originaltitel: A Touch of Stardust
Verlag: Insel
erschienen: 2015
Seiten: 381
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 3458361219
Übersetzung: Gabriele Gockel
Klappentext:
Hollywood, 1938. Der Himmel leuchtet grell orangerot, Gebäude gehen in Flammen auf, Menschen eilen aufgeregt durcheinander. Eine junge Frau bahnt sich einen Weg durch die Menge, auf der Suche nach keinem Geringeren als David O. Selznick. Gerade jetzt, als der in Culver City ein Flammeninferno inszeniert – und damit die Dreharbeiten zum aufsehenerregendsten Filmprojekt aller Zeiten einläutet: Vom Winde verweht. Julie ist noch nicht lange hier, in der sagenumwobenen Stadt voll Glitzer und Glamour, umjubelter Filmstars und skandalöser Partys. Sie will Drehbücher schreiben, doch noch ist sie nur eine kleine Schreibkraft in Selznicks Produktionsfirma. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass sie mitten hineingerät in die dramatische Liebesgeschichte von Scarlett und Rhett, die ganz Amerika aufseufzen ließ. Und nicht nur das: Auch die Affäre von Selznicks Star Clark Gable mit der Femme fatale Carole Lombard wird mit einem Mal Julies ganz persönliche Angelegenheit …
Rezension:
Ich war schon als Kind ein großer Fan von „Vom Winde verweht“. Den Roman habe ich glaube ich mit 12 Jahren das erste Mal gelesen und ich hoffe seit 25 Jahren, dass sich mal ein deutscher Sender erbarmt und noch mal „Der Scarlett O’Hara Krieg“ mit Tony Curtis sendet. Ein zutiefst komischer amerikanischer TV-Film aus den 80ern, wo sich 1 1/2 Stunden gestandene Schauspielerinnen (und solche, die es einmal werden wollen) um die Rolle von Scarlett O’Hara prügeln und es dann letztlich natürlich trotzdem jemand ganz anderes wird.
Der Film endet mit den Dreharbeiten des brennenden Atlantas, als Rhett und Scarlett mit Melanie und ihrem Baby mit einer Kutsche und einem klapprigen Pferd fliehen (in der Szene sind es allerdings nur Statisten), während um sie herum eine Stadt in Flammen aufgeht. Dies war der Moment, als man dem Produzenten David O. Selznick Vivien Leigh vorstellte und genau da setzt „Zurück nach Tara“ ein. Unsere Protagonistin Julie erlebt auf den ersten Seiten hautnah mit, wie man die zukünftige Scarlett dem Produzenten vorstellt und sozusagen Filmgeschichte geschrieben wird. Wer sich jetzt übrigens wundert, ja, die Dreharbeiten starteten ohne das man eine Hauptdarstellerin gecastet hatte und mit dieser Szene, die eigentlich mitten im Film spielt.
Danach laufen die Dreharbeiten und Julies Abenteuer in Hollywood sozusagen parallel ab. Die junge Frau träumt von einem Leben als berühmte Drehbuchautorin, findet sich aber erstmal als Schreibkraft und schließlich als „Mädchen für alles“ für Clark Gables Geliebte Carole Lombard wieder. Letztere ist für mich das ganz große Plus des Romans.
Ich gestehe, ich kann mich nicht daran erinnern, mal einen Film mit der Schauspielerin gesehen zu haben, obwohl sie mir namentlich natürlich ein Begriff ist. Aber Kate Alcott erweckt sie auf so unnachahmliche Art und Weise zum Leben, dass man sie einfach gern haben muss. Carol ist warmherzig, wild und für die damalige Zeit unglaublich selbstbewusst. Ihre Beziehung zu Gable wird sehr liebevoll beschrieben und überhaupt nicht kitschig. Tatsächlich lieben die beiden sich aufrichtig, aber besonders Carol macht sich auch keine Illusionen. Sie weiß um seine Schwächen und nimmt sie in Kauf. Ich hatte das Gefühl, die beiden hätten wirklich eine Chance für eine lange glückliche Ehe gehabt, wenn nicht das Schicksal ihnen in die Quere gekommen wäre.
Auch Julie, das behütete Mädchen aus dem Westen, verliebt sich. Andrew gehört zum Stab von Selznick und freundet sich mit Julie an. Es dauert nicht lange und die beiden werden ein Paar, aber so richtig warm wurde ich mit den beiden nicht. Es ist durchaus interessant zu sehen, wie sich Julie behauptet und durchboxt. Sie ist nicht so unbekümmert wie Carol, aber sie kämpft für ihre Freiheit und gegen das vorbestimmte Leben, welches ihre Eltern für sie geplant haben. Aber trotzdem verschenkt die Autorin hier viel Potential und lässt mich zu wenig am Innenleben ihrer Protagonistin teilhaben. Irgendwie habe ich mich immer Carol näher gefühlt. Vermutlich, weil sie ihr Herz auf der Zunge trägt.
Es dauert nur wenige Seiten, bis man das Flair des alten Hollywoods und die Eleganz der 30er Jahre beim Lesen zu spüren bekommt. Das wunderschöne Cover bietet da bereits einen Vorgeschmack. Obwohl die Dreharbeiten und die anschließende Weltpremiere in Atlanta in die Zeit des 2. Weltkrieges fallen, erwähnt die Autorin dies nur am Rande. Julies Freund Andy ist Jude und sorgt sich um seine in Berlin lebende Familie. Ich finde dies auf der einen Seite gut, weil es in dem Buch vordergründig um den Film und um Julie geht, aber dann hätte ich es besser gefunden, die Handlung um Andy komplett wegzulassen.
So fehlen dem Roman gefühlt 200 Seiten, um Andys Ängste und den Konflikt zwischen Hollywood-Glamour und Nazi-Schrecken deutlich zu machen. Für eine Randnotiz ist das Thema einfach zu wichtig und die Sache fühlt sich beim Lesen so irgendwie komisch und nicht richtig an.
Der Roman hat im übrigen ein offenes Ende, was ich sehr gelungen fand. „Vom Winde verweht“ ist abgedreht, aber Julies und Andrews Leben geht auf die ein oder andere Art weiter. Was mit den realen Personen danach passiert, erzählt Kate Alcott übrigens in einem ausführlichen Nachwort. Es ist also so, als würden wir einfach für kurze Zeit Teil des Lebens einer handvoll realer und fiktiver Figuren sein. In Bezug auf Julie gibt es ein paar kurze Hinweise auf ihr früheres Leben, aber die Autorin bleibt doch meist im hier und jetzt, was dem Roman eine Unmittelbarkeit gibt, die ich sehr mochte. Es ist eben, als wäre man mitten drin, wenn Clark Gable wutschnaubend aus Selznicks Büro rennt oder Vivien Leigh sich über ihre kleinen Brüste beschwert.
Insgesamt ist das Buch definitiv nur etwas für Fans der Verfilmung von „Vom Winde verweht“, denn ein großer Teil des Charmes entsteht dadurch, dass die Stars von einst zu Menschen werden. Allerdings muss man kein ausgewiesener Kenner des Films sein. Wer ihn einmal gesehen hat, wird vieles im Roman wiedererkennen und seinen Spaß daran haben. Allerdings sollte man keine zu tiefgründige Unterhaltung erwarten.
Note: 2-