Cohen, Tammy: Während du stirbst

Originaltitel: Dying for Christmas
Verlag:
Blanvalet
erschienen:
2015
Seiten:
416
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3734102197
Übersetzung:
Bernd Stratthaus

Klappentext:

„Sehr wahrscheinlich werde ich TOT sein, bevor Sie das hier zu Ende gelesen haben.“

Drei Dinge gibt es über Jessica Gold zu wissen: Sie ist neunundzwanzig Jahre alt, sie hat eine Knopfphobie, und sie wurde entführt. Von einem Fremden, der sie zwölf Tage lang in seiner Wohnung gefangen hält, sie mit perfiden Grausamkeiten quält, sie angekettet in einer Hundehütte am Fuß seines Bettes schlafen lässt. Und jeden Tag überreicht er seinem Opfer ein Geschenk – eines grausamer als das nächste –, bis Jessica am zwölften Tag sicher weiß: Der Mann wird sie töten. Doch Jessica hat ein Geheimnis, von dem niemand etwas ahnt …

Rezension:

Bis auf meine Stamm-Autoren (Karin Slaughter, James Patterson, etc.) habe ich in den letzten Jahren wenig Thriller gelesen. Bei „Gone Girl“ hat mir schon die merkwürdige Verfilmung gereicht (und dann auch noch Ben Affleck :roll: ) und auch manch anderer Blockbuster wie „Girl on the train“ ist an mir vorbeigegangen oder liegt noch ungelesen im Regal (wahrscheinlicher auf einem der vielen Bodenstapel…). Ich hatte also mal so richtig Nachholbedarf und Cover und Klappentext von Tammy Cohens Debüt haben mich bereits in der Vorschau angesprochen.

Tatsächlich hat mich „Während du stirbst“ sofort gepackt. Jessica ist eine ungewöhnliche Protagonistin, die bis zum Schluss schwer fassbar ist. Die Autorin schafft es sie sehr facettenreich zu schildern, aber dennoch lässt Jessica den Leser (absichtlich) nicht in ihr Innerstes schauen. Sie ist definitiv ein bisschen merkwürdig und verschroben und gerade deswegen fand ich die ersten 200 Seiten Katz- und Maus Spiel zwischen ihr und ihrem Entführer Dominic Lacey total spannend.

Obwohl ihre Gefangenschaft bei weitem nicht so grausam wie nach dem Klappentext befürchtet, vonstatten geht, war ich die ganze Zeit gespannt wie ein Flitzebogen, weil ich immer das Gefühl hatte, Jessica könnte etwas vollkommen unvorhergesehenes tun. Eben weil ich sie überhaupt nicht einschätzen konnte. Im Prinzip ist sie in der Beziehung Dominic ebenbürtig. Es ist diese nervenzerreißende Spannung, dass irgendetwas schlimmes passieren wird, die einen das Buch nicht aus der Hand legen lässt.

Als dies dann passiert, habe ich wirklich atemlos erstmal das Buch zugeklappt (nachts um 1 Uhr), nur um am nächsten Tag festzustellen, dass eine weitere Wendung nicht auf sich warten lässt. Tatsächlich spielt Cohen gekonnt mit den Erwartungen des Lesers und vermag ihn immer wieder zu überraschen. Allerdings fällt es aufgrund der Handlung bis zum Schluss schwer wirklich für eine der Figuren Sympathie zu empfinden. Alle sind entweder aufgrund ihres Charakters, ihrer Verhaltensweisen oder ihrer Entscheidungen, Menschen, denen ich im wahren Leben nicht begegnen möchte.

Unterbrochen wird die Handlung mit Szenen der verantwortlichen Polizistin Kim, die sich zwischen ihrem Job und ihrer Familie aufreibt. Sehr eindrücklich schildert Cohen, wie Kim sich für ihre Familie oder ihre Karriere entscheiden muss und das sie keine wirkliche Wahl hat. Hier ist auch mein erster kleiner Kritikpunkt. Kims Ehemann Sean zeigt keinerlei Verständnis und setzt seine Frau furchtbar unter Druck. Überhaupt scheint es im ganzen Roman keine wirklich sympathische männliche Figur zu geben.

Für die Bestnote reicht es nicht, weil das letzte Viertel des Romans doch schon sehr konstruiert ist und ich gerne auch mehr über Jessicas Persönlichkeit und ihre Macken erfahren hätte. Das mit der Knopfphobie wird z.B. nur kurz erwähnt und hat dann keinerlei Bedeutung mehr. Dennoch ist der Thriller geschickt gemacht, überzeugt mit raffinierten Wendungen und vor allen Dingen einem Klappentext, der einen total in die Irre führt. Ob das alles bis zum Schluss realistisch ist, muss jeder für sich entscheiden, zumal der allerletzte Satz des Buches verschiedene Interpretationen bietet. So oder bleibt „Während du stirbst“ ungemein fesselnd und wird auch eingefleischte Thrillerhasen überraschen.

Note: 2

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