Originaltitel: Good me, bad me
Verlag: Goldmann
erschienen: 2017
Seiten: 352
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 3442484561
Übersetzung: Sonja Hauser
Klappentext:
Die 15-jährige Milly wächst schwer traumatisiert in einer Pflegefamilie auf. Eine neue Identität soll alle Spuren zu ihrer Vergangenheit verwischen. Denn Milly ist die Tochter einer Serienmörderin. Und diese konnte nur gefasst werden, weil Milly der Polizei entscheidende Hinweise gegeben hatte. Jetzt wird ihrer Mutter der Prozess gemacht, und Milly wird plötzlich von Gewissensbissen heimgesucht. In ihrer Pflegefamilie findet das Mädchen keine Unterstützung, um diese schwere Zeit zu überstehen – im Gegenteil: Phoebe, die leibliche Tochter, hasst Milly von ganzem Herzen und versucht mit allen Mitteln, ihr das Leben so schwer wie möglich zu machen. Und damit weckt sie in Milly eine verborgene Seite. Eine böse Seite. Denn Milly ist die Tochter ihrer Mutter …
Rezension:
Manchmal hat man so ein unscheinbares Taschenbüchlein in der Hand, in dem die Schrift auch noch (für meinen Geschmack) zu klein gedruckt, das Papier irgendwie kratziger und brauner als gewöhnlich und der Buchrücken so stramm ist, dass es unmöglich ist, das Buch zu lesen ohne Knicke zu hinterlassen. Also irgendwie für mich so ein Buch, welches man mal eben fix am Bahnhof kauft, weil man vor einer langen Zugfahrt seine Lektüre zu Hause liegen gelassen hat.
Tja und dann, dann klappt man es nach der letzten Seite zu und denkt einfach nur WOW! Ernsthaft, wenn ich mir anschaue, was manchmal aufgehübscht als Hardcover erscheint, dann frag ich mich, wieso dem atemberaubenden „Ich bin böse“ nicht ein hübscheres Kleidchen spendiert wurde. Auch wenn es natürlich auf den Inhalt ankommt. Fünf Euro ins Phrasenschwein …
Der Thriller ist dermaßen packend, dass man ihn wirklich überall mit hin nimmt. Am besten fängt man morgens beim Zähneputzen an und liest einfach bis abends durch. Wozu gibt es Lieferdienste? Der Roman ist nicht nur faszinierend böse, sondern passend genauso schnörkellos erzählt. Es wird nicht rumgeschwafelt oder drölfzigtausend Nebenfiguren eingeführt, die das ganze zu einem großen Ungetüm aufblasen.
Es braucht eigentlich nur die Ich-Erzählerin Milly, deren innere Zerrissenheit eindrucksvoll dem Leser nahegebracht wird. Die junge Frau ist mitleiderregend, abstoßend, intelligent und nie weiß man, was sie als nächstes tut. Man kann Milly trotz ihres grauenhaften Schicksals, welches übrigens oft nur angedeutet wird (es reicht aber um das Kopfkino anzuschmeißen), nicht wirklich mögen, aber sie lässt einen definitiv nicht kalt. Es ist unmöglich sich dieser Protagonistin zu entziehen.
Während der ganzen wendungsreichen Handlung merkt man, dass Autorin Ali Land Psychologie studiert hat. Sie kennt sich bestens in dieser Materie aus und versteht es unvergleichlich dem Leser Krankheit und Wahn eines Missbrauchsopfers einfühlsam zu schildern. Vielleicht verzichtet die Autorin deswegen auch auf zu detaillierte Beschreibungen der Morde und allgemein von Gewalt. Der Roman braucht es einfach nicht. Man hängt auch so nägelkauend an den Seiten.
Stilistisch passt Lands Schreibe perfekt zum Roman. Trotz vieler Dialoge, gibt es auch sehr viele innere Monologe, die einen tiefen Einblick in die Psyche des Mädchens geben. Ihre Gedankengänge sind oft verstörend und manchmal geprägt von fiktiven Gesprächen mit ihrer Mutter, der Serienmörderin. Nein, ein gemütliches Leseerlebnis ist das nicht, aber diese Faszination des Bösen, des Ungewöhnlichen und der Dinge, die vielleicht geschehen werden, greifen nach einem und haben mich nicht losgelassen.
Die Geschichte ist dabei nicht nur packend, sondern zutiefst bedrückend. Kindesmisshandlung, allgemein Millys grauenhafte Vergangenheit, die sie wohl für immer beeinflussen wird und viele andere Facetten der Handlung, sind harter Tobak. Für mich hallte „Ich bin böse“ noch lange nach und gehört bisher definitiv zu meinen Highlights 2017.
Note: 1