Band 1 Sam Wyndham Serie
Originaltitel: A Rising Man
Verlag: Heyne
erschienen: 2017
Seiten: 512
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN: 3453421736
Übersetzung: Jens Plassmann
Klappentext:
Kalkutta 1919 – die Luft steht in den Straßen einer Stadt, die im Chaos der Kolonialisierung zu versinken droht. Die Bevölkerung ist zerrissen zwischen alten Traditionen und der neuen Ordnung der britischen Besatzung.
Aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt, findet sich Captain Sam Wyndham als Ermittler in diesem Moloch aus tropischer Hitze, Schlamm und bröckelnden Kolonialbauten wieder. Doch er hat kaum Gelegenheit, sich an seine neue Umgebung zu gewöhnen. Denn ein Mordfall hält die ganze Stadt in Atem. Seine Nachforschungen führen ihn in die opiumgetränkte Unterwelt Kalkuttas – und immer wieder an den Rand des Gesetzes.
Rezension:
Dieser Tage eine innovative historische Krimireihe zu finden, ist nicht ganz so einfach. Entweder man wandert im Mittelalter oder im viktorianischen England umher. Beides lese ich wirklich sehr gerne, aber dennoch ist es eine Freude, wenn mal etwas anderes übersetzt wird. Und ich bin besonders froh, dass ich nach dem etwas unspektakulärem Titel dann doch auch noch den Klappentext in der Verlagsvorschau angeschaut habe, denn ansonsten wäre mir wirklich ein exzellenter Serienauftakt durch die Lappen gegangen.
In Abir Mukherjees historischem Krimi stimmt einfach alles. Das Setting, die Figuren, der Schreibstil, der Kriminalfall, die Verflechtung mit politischen und historischen Fakten und – soweit ich das beurteilen kann – die vorzügliche Übersetzung von Jens Plassmann.
Ich kenne mich mit Indien und seiner Geschichte so gut aus, wie ein Inder mit rheinischem Sauerbraten. Sprich gar nicht! Ich weiß, die Engländer haben da ziemlich lange herumgehangen (Stichwort Kolonialherrschaft), die Inder leben in Kasten. Ansonsten beschränkt sich mein Wissen auf Filme wie „Kick it like Beckham“.
Man kann also mit Fug und Recht behaupten, wenn ich Unwissende nach wenigen Seiten komplett in das schwüle Indien versunken bin, dann hat der Autor alles richtig gemacht. Es ist alles so bildhaft beschrieben, dass ich alles hautnah miterlebt habe. Das schwüle Klima, die Arroganz der Engländer, die sich für die Herren der Welt halten und glauben, sie müssten den Indern mal erklären wie Regierung, etc. so vonstatten geht. Ich glaubte jeden Geruch wahrzunehmen und jedes Geräusch zu hören.
Und dann dieser unglaublich sympathische Ich-Erzähler, der uns auf lakonische Art und Weise am Geschehen teilhaben lässt. Das mag jetzt überraschen, aber wie Mukherjee ihn erzählen lässt, hat mich an Diana Gabaldon erinnert. Sams genaue Beobachtungsgabe und sein Blick auf die Menschen und ihren Eigenarten, sowieso die Art wie er all das kommentiert, habe ich in der Art bisher nur bei Gabaldon gefunden. Mukherjee fabuliert, als gäbe es kein Morgen mehr und ist einfach ein großartiger Geschichtenerzähler.
Doch natürlich steht und fällt neben Setting, Schreibstil und Atmosphäre ein Krimi nun mal auch mit seinem Kriminalfall und den fand ich von vorne bis hinten abwechslungsreich und spannend. Er ist zudem perfekt mit dem historischen Hintergrund verwoben und macht die politischen Gegebenheiten erlebbar. Hilfreich fand ich dazu auch die Karte in der Innenklappe, die wichtige Orte in der Handlung wiedergibt.
Ermittler und Hauptfigur Sam Wyndham ist zudem eine Figur, die genug Stoff für viele Bände liefern kann. Er ist mir schnell ans Herz gewachsen, aber der Autor hat trotz der Vergangenheit des Protagonisten darauf verzichtet ihn zu einem dieser gebrochenen ewig traurigen Helden zu machen. Davon gibt es in der Krimiliteratur schon genug. Dabei hat Sam durchaus seine Dämonen und leidet unter seiner Vergangenheit, aber er lässt es sich nach außen nicht anmerken und hat trotz allem seinen Humor nicht verloren. Er ist auch keiner dieser Super-Ermittler, die den Mord praktisch schon gelöst haben, bevor er überhaupt passiert ist. Sam ist einfach menschlich, mit vielen Stärken aber auch einigen Schwächen, der mich sofort für sich eingenommen hat.
Wer also historische Kriminalromane mag, sollte sich „Ein angesehener Mann“ unbedingt ansehen. Die liebevoll gestalteten Figuren und das farbenprächtige Indien wird auch Euch sicher im Sturm erobern!
Ich hoffe wirklich sehr, dass Heyne die Reihe weiter übersetzt und uns nicht so lange auf den nächsten Band warten lässt.
Note: 1
Ich freue mich schon sehr auf das Buch, denn es steht ganz oben auf meiner Wunschliste! Seit kurzem habe ich Indien, indische Romane für mich entdeckt und bin sehr begeistert.
Danke für deine Rezi, dich mich nur noch mehr für das Buch eingenommen hat. :-)
GlG vom monerl
Ich hab auch schon seit Ewigkeiten ein paar indische historische Romane ungelesen im Regal. Die müsste ich mal rauskramen.
Berichte mal, ob Dir „Ein angesehener Mann“ gefallen hat!
Liebe Grüße,
Steffi