Finn, Thomas: Der silberne Traum

Prequel zu „Die Chroniken der Nebelkriege“

Verlag: Ravensburger
erschienen:
2013
Seiten:
445
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3473400882

Klappentext:

Die böse Nebelkönigin Morgoya trachtet nach der Weltherrschaft und ausgerechnet eine Elfe stellt sich ihr in den Weg: Fi. Sie will ihr Volk befreien und hat einen mächtigen Verbündeten: Nikk, den König des Meervolks!

Rezension:

Nachdem ich bereits vor einigen Jahren mit Begeisterung den Zeitreise-Roman „Der Funke des Chronos“ gelesen habe, ist nun „Der silberne Traum“ der zweite Roman von Thomas Finn für mich. Um seine Fantasy-Serie „Die Chroniken der Nebelkriege“ schleiche ich schon seit geraumer Zeit herum und als sich mir jetzt die Möglichkeit bot, das (später erschienene) Prequel zu dieser Serie zu lesen, habe ich zugeschlagen und bin schnell in das Buch und seine Geschichte eingetaucht.

Hauptfigur in „Der silberne Traum“ ist die Elfe Fi aus Albion, die nach einer langen Ohnmacht auf dem Schiff des Klabauterkapitäns Koggs Windjammer mitten im Nordmeer erwacht. Sie kann sich weder daran erinnern, wann noch warum oder wie sie auf das Schiff gelangt ist, die wenigen Erinnerungsfetzen, die ihr jedoch geblieben sind, sagen ihr jedoch, dass sie den Kampf gegen das Böse aufnehmen muss. „Das Böse“ ist die Nebelkönigin Morgoya, die die Heimat des Elfenvolks zerstört und seine Bewohner versklavt hat. In der Möwe Kriwa, dem Klabauterkapitän Koggs und Nikk, dem Sohn des Meerkönigs, findet sie starke Verbündete und Freunde im Kampf gegen die Nebelkönigin und ihre Schattenkreaturen.

Der Erzählstil des Autors ist sehr bildreich und farbenfroh und dadurch leicht und flüssig zu lesen. Allein die Namen der Figuren (Fiadora, Koggs Windjammer oder auch Morgoya oder Kriwa) sind so klangvoll und passend, dass die Figuren sofort vor dem geistigen Auge zu leben beginnen, was das Eintauchen in die Geschichte, ihre Welt und das Geschehen schnell ermöglicht. Gerade wenn ich auf dem Geisterschiff von Koggs Windjammer bin oder mit Nikk und Fi zusammen das Unterwasserreich von Nikks Vater besuche, komme ich mir vor wie in einem Märchen, aus dem man gar nicht auftauchen will. Mag sein, dass die es die Idee des Geisterschiffs mit der untoten Crew schon öfter gab (gerade wenn man die Filme um Captain Jack Sparrow – Fluch der Karibik kennt), aber schön gemacht und verzaubernd ist die Geschichte allemal.

Generell mag ich in diesem Roman die prallgefüllte Fantasywelt mit so vielen wunderbaren Fantasygeschöpften (Feen, Hexen, Elfen, Sirenen, Gargylen, Klabautermännern, Nympfen und Meermännern). Ich liebe solche mystischen Wesen und wenn sie dann noch leicht verschroben sind, wie die Gargyle Dystariel, umso mehr. Alles in allem, finde ich jedoch, dass es fast zu viele Figuren sind, manche können ihr Potential gar nicht richtig entfalten. Außerdem habe ich mehr als einmal den Überblick verloren, so dass ich mir ein Personenregister gewünscht hätte und auch gerne eine Landkarte, aber solche Extras wünsche ich mich ja sowieso immer. Wenn ich mir anschaue, dass die Zielgruppe für das Buch Kinder und Jugendliche sind, finde ich schon, dass es vielleicht schlauer gewesen wäre, wenn der Autor sich auf etwas weniger Figuren konzentriert hätte. Ich persönlich hätte mir auf alle Fälle mehr Tiefgang für die Figuren gewünscht. Die meisten der Figuren sind mir wirklich zu sehr schwarz-weiß gehalten. Im Prinzip kann man die ganzen Figuren in zwei Kategorien einteilen: diejenigen, die gegen die Nebelkönigin kämpfen und diejenigen, die sie unterstützen.

Das ist ein Punkt, an dem man deutlich merkt, dass es für Kinder und Jugendliche geschrieben worden ist. Das Buch sehr schnelllebig und actionreich, hat dafür weniger Tiefgang und manche Probleme lassen sich von unseren Helden auch zu leicht lösen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es so kindertauglich ist, die vielen alten Geschichten aus längst vergangener Zeit und Andeutungen über die früheren Drachenkriege und Schattenkriege immer wieder einzuwerfen. Zumindest bei mir hat sich da der Wunsch aufgetan, dass ich auch gerne Bücher von Thomas Finn zu diesen Begebenheiten lesen würde und das dann bitte möglichst in der chronologischen Reihenfolge. Ich musste mich und meinen Kopf da teilweise schon sehr sortieren um noch durchzublicken.

Trotz der erwähnten Kritikpunkte hat mich das Buch verzaubern können, denn es gibt  viele zauberhafte Momente, in denen man sich sehr wohlfühlt, z.B. die Lichtung mit den Statuen von Avalaion und Poseleion oder der Anblick der Blütenfeen, der einen zum Lächeln bringen kann. Und wenn die Aussicht auf ein erfolgreiches Ende für die Helden in weite Ferne rückt, dann schafft es Koggs Windjammer immer wieder, einen mit seinen Flüchen und Sprüchen zum Lachen zu bringen. Und manche Geheimnisse sind noch nicht gelüftet, zumindest dann nicht, wenn man die eigentlichen Bücher der Trilogie um „Die Chroniken der Nebelkriege“ noch nicht kennt. Gerade Fis Verbindung zu Gilraen, der ihr immer wieder in ihren Träumen erscheint finde ich spannend und macht mich neugierig auf die anderen Bücher.

„Der silberne Traum“ ist wirklich ein sehr schönes Buch, das den Leser wunderbar in eine andere Welt entführen und verzaubern kann. Ich hatte zwar so meine Kritikpunkte, aber alles in allem habe ich das Lesen sehr genossen. Ich habe mich zwischendurch immer wieder gefragt, ob ich mir nicht zu viele Gedanken zu der Geschichte mache und ob ich es nicht einfach nur genießen sollte. Ich bin am überlegen, ob ich das Buch meinem Neffe mal gebe, der altersmäßig der Zielgruppe schon recht nahe kommt – er ist etwas jünger. Mich würde wirklich interessieren, wie er es findet.

Note: 2

Pala, Ivo: Die Hüterin Midgards

Band 1 Elbenthal Reihe

Verlag:
Sauerländer
erschienen:
2012
Seiten:
384
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3411809221

Klappentext:

In der Nacht vor ihrem 17. Geburtstag gerät Svenjas Welt aus den Fugen. Sie wird von einem Wolf durch Dresden gejagt und schließlich von drei unheimlichen, seltsam anmutenden Gestalten in den Untergrund entführt. Was Svenja dort entdeckt, sprengt jede Vorstellungskraft: Mitten in Dresden, unter dem Fundament des Residenzschlosses, liegt die letzte Bastion der Lichtelben und das Tor zur Menschenwelt Burg Elbenthal. Ihre Bewohner leben in tödlicher Bedrohung, denn der Schwarze Prinz der Dunkelelben rückt unaufhaltsam näher. Svenja ist die letzte Hoffnung denn sie ist die Auserwählte, die Hüterin Midgards …

Rezension:

Ivo Palas erster Band einer Elbenthal Reihe ist ein außergewöhnlicher Fantasyroman. Neben dem vielversprechenden Klappentext hat mich auch das Cover überzeugt, welches in Wirklichkeit noch sehr viel schöner aussieht. Das Buch hat eine fast metallisch leuchtende Farbschicht und ist ein richtiger Eyecatcher im Bücherregal.

Aber genug der äußerlichen Schönheit, denn auf das Innere kommt es schließlich an und dort überzeugt Pala mit einer spannenden, wendungsreichen und temporeichen Handlung, die mich von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt hat.  Der Kontrast zwischen unserer modernen Welt und die der Elfen ist zwar spürbar, aber der Autor bemüht sicseinem Völkchen nicht allzu viele Fantasyklischees zu verpassen, weswegen das heutige Dresden und das mythische Midgard gemeinsam überraschend gut funktionieren.

Auch die Heldin weiß zu überzeugen. Svenya hat das Herz am rechten Platz und ist eine beherzte und erfrischend direkte Protagonistin. Sie ist genug Kind unserer Welt, um für jeden genug Identifikationspotential bieten zu können, aber gleichzeitig so interessiert und abenteuerlustig, das man es ihr durchaus zutraut ihre Bestimmung zu erfüllen. Ihre nicht ganz einfache Vergangenheit macht es dabei umso glaubwürdiger, dass sie sich schnell in ihrer neuen Umgebung und mit der neuen Aufgabe zurechtfindet.

Überhaupt ist Glaubwürdigkeit ein großer Pluspunkt in „Die Hüterin Midgards“. Palas Charaktere sind alles andere als eindimensional und machen teilweise eine erstaunliche Entwicklung durch und das obwohl die Handlung teilweise keine Luft zum Atmen lässt. Selbst zwischen Kampfgetümmel und Verfolgungsjagden vermag der Autor seinen Figuren Profiil zu verleihen. Mich haben sie jedenfalls das ein oder andere mal überrascht und einige Nebenfiguren entwickeln sich in eine Richtung, die anfangs nicht vorauszusehen.

Besonders betonen möchte ich noch die wirklich sehr schöne bildhafte Sprache des Autors, der ein besonderes Gespür für Atmosphäre besitzt. Er verknüpft geschickt alte Sagen und Mythen und lässt dabei eine fremde Welt vor dem inneren Auge lebendig werden. Bleibt nun zu hoffen, dass Ivo Pala dieses hohe Niveau auch in der Fortsetzung halten kann.

Vielen Dank an Bloggdeinbuch für das Rezensionsexemplar. Falls Ihr den Verlag unterstützen wollt, könnt ihr das Buch auch direkt bei Sauerländer bestellen.

Note: 1

Schacht, Andrea: Jägermond – Im Reich der Katzenkönigin

Verlag: Penhaligon
erschienen:
2011
Seiten:
448
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3764530723

Klappentext:

Bastet Merit, die Königin des Katzenreichs Trefélin, besucht unsere Welt, um von ihrer sterbenden Menschenfreundin Gesa Abschied zu nehmen. Doch bei dem Besuch kommt es zur Katastrophe. Bastet verliert ihr magisches Ankh und ist nicht nur in unserer Welt gefangen, sondern auch im Körper einer wehrlosen Hauskatze. Ihre einzige Chance ist der Ohrring, den sie einst Gesa schenkte und der über die gleichen Fähigkeiten verfügt wie das Ankh. Aber Gesa hat den Talisman ihrer Enkelin Feli hinterlassen – und es nicht mehr geschafft, die junge Frau auf ihr Erbe vorzubereiten.

Feli ahnt nicht, was auf sie zukommt. Bis drei ziemlich unerfahrene Kater in Menschengestalt auf der Suche nach ihrer Königin unvermittelt bei ihr auftauchen. Außerdem ist Finn, der Bruder von Felis bester Freundin, ebenfalls in die Sache verwickelt. Und obendrein ist er auch noch in sie verliebt! Als ob Feli nicht schon genug eigene Probleme hätte …

Rezension:

Wer die Katzenromane von Andrea Schacht kennt, hat schon des Öfteren die Umschreibung „Welt der Katzenkönigin“ oder „Die goldenen Steppen“ gelesen. In diesem Buch nun erklärt die Autorin ganz differenziert was die goldenen Steppen sind und gibt der Welt der Katzenkönigin auch einen Namen: „Trefélin“.

Trefélin heißt nun die Welt aus der die magischen Katzen kamen, die uns in den Weihnachtsgeschichten von Andrea Schacht schon begegnet sind oder wo besonders kluge Katzenfreunde auch schon mal ein Abenteuer erleben durften. So geschehen in dem Buch „Vor Wundern flieht man nicht“ erschienen 1998.

Als ich nun in die Welt der Katzenkönigin entführt wurde, war ich begeistert das ich schon den Eingang und auch das Laubental  direkt wieder erkennen konnte. Frau Schacht hat 1998 in meinem Kopf ein Bild von Trefélin entworfen und dieses Bild hat sie genauso auch immer wieder in ihren Katzenromanen beibehalten. Das hat mir sehr gut gefallen und es hat mir den Einstieg in die Handlung sehr erleichtert.

Aber auch wenn man die anderen Katzenromane der Autorin nicht kennt, dürfte es nicht schwer sein in die Geschichte einzutauchen. Was der Leser der Katzenromane bisher immer nur ausschnittsweise erleben durfte, wurde nun zu einem magischen Fantasiebuch weiter entwickelt. Es gibt in Trefélin viele unterschiedliche Bereiche und natürlich hat auch jeder Bereich seine eigenen Bewohner, angefangen von den Katzen, Waschbären. Tigern , bis hin zu Menschen. Es ist spannend zu lesen wie die Welt der Katzenkönigin entstanden ist und die Entwicklungsphasen erinnern irgendwie an die Entwicklung unserer eigenen Menschheitsgeschichte, nur mit dem Unterschied, dass es hier Katzen sind, die diese Entwicklungsgeschichte erzählen.

Die Hauptrollen in unserer Welt hat die Autorin auf zwei Teenager verteilt, die beide mit ihrer Identität kämpfen. Feli hat immer wieder mit Angstattacken zu kämpfen und wird von ihren Eltern in Watte gepackt, weil man einen Herzfehler vermutet, und Finn lebt bei seiner alleinerziehenden Mutter, die sehr selbstbewusst und dominant ist. Auf der Suche nach Freunden gerät Finn in die falsche Clique und kann eine kleine graue Katze noch so gerade eben vor einem grausamen Tod bewahren.

Die Autorin spricht an diesem Punkt sehr deutlich die Themen: Vandalismus, Umweltverschmutzung, Alkohol bei
Jugendlichen und Tierquälerei an. So witzig und humorvoll die Handlung auch geschrieben ist, so ernst sind aber auch die Themen die angesprochen werden. Ich denke, dass dieses Buch nicht nur für Erwachsene und Katzenfreunde eine tolle Unterhaltung bietet, sondern auch für Jugendliche in der Pubertät, die versuchen ihren Weg ins Leben zu finden.

Mit Hilfe der Katzen und ihrer Welt Trefélin, lernen Feli und Finn worauf es im Leben wirklich ankommt. Nach einigen urkomischen und auch bitteren Erfahrungen, haben beide ihren Weg in die Zukunft gefunden. Die Vorgänge in Trefélin sind bis zum Schluss mysteriös und schwer zu durchschauen. Die Charaktere der Katzen sind dabei so unterschiedlich wie die der Menschen. Besonders gut haben mir zwei Nebenfiguren gefallen: Nathan der Förster und Che-Nupet, die gemütliche
Katze.

Am Ende des Buches blieben für mich jedoch noch einige Fragen offen und daher hoffe ich, dass Frau Schacht ein weiteres Werk mit diesen Helden plant. Ich würde es sehr begrüßen, denn es hat wirklich Spaß gemacht Feli, Finn und die Katzen aus Trefélin kennen zu lernen.

Bei der Aufmachung des Buches haben der Verlag und die Autorin offenbar alle Register gezogen. Nicht nur das Cover passt perfekt zum Inhalt, sondern auch die Karte im Einband. Das am Ende des Buches auch noch ein Personenregister ist, rundet dieses Werk wunderbar ab. Bravo, so ein Schmuckstück bekommt man nur selten für sein Sammlerregal.

Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Katzenroman von Andrea Schacht und hoffe, dass mir dort vielleicht auch eine Katze aus Trefélin entgegen schnurrt.

 Note: 1

Corzilius, Thilo: Ravinia

Verlag: Piper
erschienen:
2011
Seiten:
400
Ausgabe:
großformatiges TB
ISBN:
3492267610

Klappentext:

Was wäre, wenn dich ein einziger Schlüssel überallhin bringen könnte? An ihrem sechzehnten Geburtstag erhält Lara einen Schlüssel, der sie in die Victoria Street in Edinburgh führt – egal, durch welche Tür sie tritt. Bald merkt das junge Mädchen, dass der Schlüssel auch das Tor in eine andere Welt öffnet: In der Stadt Ravinia, in der magisch talentierte Wesen ebenso wie Traumtänzer zu Hause sind, lernt Lara ihre Vergangenheit kennen und erfährt dabei von einer mysteriösen Verschwörung. Sie selbst muss über das Schicksal Ravinias entscheiden. Gemeinsam mit Tom Truska, dem geheimnisvollen Schlüsselmachergesellen, und dem Amerikaner Lee versucht Lara Ravinia zu retten.

Rezension:

Wow! Was für ein Einstieg. Von Anfang an hat mich „Ravinia“, der erste Roman von Thilo Corzilius, total fasziniert. Eine wunderbare Großvater-Enkelin-Beziehung mit einem hungrig-machenden traditionellen schottischen Frühstück und dann folgt auch schon schnell der erste Schauer, der mir über den Rücken lief. Ein Einstieg nach Maß! Der allerdings von Nachteil sein kann, wenn das Buch im weiteren Verlauf nicht mehr ganz die Erwartungen nach diesem wunderbaren Beginn erfüllen kann – was bei mir leider der Fall war.

„Ravinia“ erzählt die Geschichte von Lara McLane, die nach dem Unfalltod ihrer Großmutter und Eltern bei ihrem Großvater Henry in Edinburgh aufwächst. Zu ihrem 16. Geburtstag schenkt ihr der Großvater einen Schlüssel, der ihr die Tür zu einer völlig neuen Welt öffnet: den Schlüsselmacherladen von Baltasar Quibbes und seinem Gesellen Tom. Schnell gerät sie in den Strudel der Geheimnisse um die mysteriöse Stadt Ravinia, die man auf einer Landkarte der bekannten Welt vergeblich sucht.

Die Idee von besonderen Schlüsseln, die einen an einen völlig anderen Ort bringen, zu dem die Tür, die aufgeschlossen wird, eigentlich gar nicht hinführen kann, ist wunderbar! Generell wartet Thilo Corzilius mit einigen tollen Ideen, Figuren und Szenen auf und das alles in einer wunderbaren Sprache und wunderbaren, nahezu magischen Sätzen, die mich immer wieder zum Strahlen gebracht haben. Auch die Aufmachung des Buches finde ich großartig und sehr liebevoll und schön gestaltet mit den Raben zwischen den einzelnen Absätzen und den Schattentürmen jeweils am Kapitelanfang.

Doch trotz dieser positiven Punkte leidet das Buch in meinen Augen an seiner Kürze. Ja, es gibt wunderbar spannende Figuren, aber viele davon kommen eindeutig zu kurz. Für mich war es teilweise an Figuren etwas überfrachtet, und dadurch waren sie nicht intensiv genug dargestellt, so dass sich mir der Sinn und Zweck einzelner Figuren nicht gezeigt hat. Relativ wenig bedeutende Charaktere wie Mama Zamora oder Berrie oder das Efeumädchen und den alten Mann (Alister Sullivan) im Park, wären da einige Beispiele für mich. Aber wenn ich mich schon beim Bösewicht des Buches fragen muss, was er eigentlich so schlimmes getan hat, wenn mir das schon nicht klar genug rüberkommt und der Autor in unserer Leserunde selbst sagt, dass Winter etwas zu kurz gekommen sei, dann ist das schon ein deutlicher Kritikpunkt für mich. Auch über Tom hätte ich gerne deutlich mehr erfahren und das wurmt mich doch ziemlich. Auch bin ich der Meinung, dass viele meiner Fragen im Buch nicht beantwortet werden. Gut vielleicht habe ich auch wiedermal zu viel in einzelne Szenen oder Sätze hineininterpretiert, aber schade finde ich das schon. Ich glaube, dass Thilo Corzilius in diesem Buch viel mehr versteckt hat, als ich herausgelesen habe, nur er als Autor hat den Vorteil, dass er alles – auch alles Ungeschriebene – weiß und da bin ich als Leser klar im Nachteil.

Dennoch gab es für mich Szenen und Figuren, die für mich vieles wieder wett gemacht haben, zum Beispiel die Tagebucheinträge von Laras Mutter oder die Szene mit Ma’Haraz und Wolf in Wien. Das war Gänsehaut pur und zeigt mir ganz deutlich, dass der Autor viel wunderbares Potential zum Geschichtenerzählen hat…und das dann gepaart mit dieser wunderbaren Sprache…nur wie gesagt, ein wenig mehr Ausführlichkeit und Intensität hätte dem Buch, der Geschichte und den Figuren in meinen Augen gut getan!

Was ich dem Autor sehr sehr hoch anrechne, ist der total unrosarot-kitschige Schluss. Hier ist nicht einfach mal alles Friede, Freude, Eierkuchen und es gibt keine Liebesgeschichte (die zu Lara in dieser aktuellen Situation auch nicht gepasst hätte), auch wenn ich die persönlich im Hinterkopf hatte. Aber umso besser, dass Thilo Corzilius darauf verzichtet hat.

Note: 2

Grant, Sara: Neva

Band 1 Neva Serie

Originaltitel: Dark Parties
Verlag:
Pan
erschienen:
2011
Seiten:
352
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3426283484
Übersetzung:
Kerstin Winter

Die 16-jährige Neva hat es satt, keine Antworten auf Fragen zu bekommen, die sie nicht einmal laut stellen darf: Warum wird ihr Heimatland von einer undurchdringbaren Energiekuppel von der Außenwelt abgeschottet? Warum verschwinden immer wieder Menschen spurlos? Und was ist mit ihrer Großmutter geschehen, die eines Tages nicht mehr nach Hause kam? Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sanna beschließt Neva, Antworten zu verlangen und nicht mehr brav alle Gesetze und Regeln zu befolgen. Doch dabei verliebt sie sich nicht nur in den einen Jungen, der für sie tabu sein muss – sondern gerät auch in tödliche Gefahr …

Rezension:

„Neva“ ist leider ein negatives Beispiel für eine Dystopie. Klappentext und Cover lassen einen spannenden Roman erhoffen, aber leider ist Sara Grants Erstling von der ersten bis zur letzten Seite an Oberflächlichkeit nicht zu überbieten.

Nie wird richtig deutlich, worin die Bedrohung eigentlich besteht. Vor allen Dingen für die Männer scheint das Leben in recht normalen Bahnen zu verlaufen und ich habe mich mehrmals gefragt, wieso es keinen größeren Widerstand gibt. Eigentlich nehmen die Menschen einfach ihr Schicksal hin und der Autorin gelingt es so gut wie nie eine bedrückende Stimmung aufzubauen.

Einzige Ausnahme ist eine Brutstätte für Frauen, die dort nur zum Gebären festgehalten werden. Hier schimmert durch, was „Neva“ hätte sein können.

Die Hauptfigur war mir anfangs durchaus sympathisch und es gibt sehr schöne lyrische Momente, in denen sie z.B. über ihre Großmutter nachdenkt. Dennoch handelt sie für mich oft aus den falschen Beweggründen. Sie wirkt eher wie ein trotziger Teenager und nicht wie eine Rebellin. Die anderen Figuren bleiben Statisten und sind wenig lebendig geschildert.

Ganz schlimm ist auch die Liebesgeschichte zwischen Neva und Braydon, bzw. Neva und Ethan. Man weiß bei Braydon nie so recht, woran man ist. Besonders gegen Ende wechselt er im Minutentakt von Gutmensch zu Bösewicht, so dass er als Figur jegliche Glaubwürdigkeit verliert und auch die Beziehung zwischen ihm und Neva ad absurdum geführt wird. Grant verbiegt ihn einfach so, wie es ihr handlungstechnisch in den Kram passt.

Besonders ärgerlich ist das Ende, welches vollkommen offen ist. Da „Neva“ der erste Teil einer Reihe ist, ist es nur natürlich, dass einige Punkte offen bleiben, um neugierig auf die Fortsetzung zu machen. Aber in diesem Umfang ist es einfach eine bodenlose Frechheit.

Dummerweise wird die Autorin vor Band 2 auch erstmal eine Dystopie außerhalb der Serie veröffentlichen. Ich bezweifle, dass ich jahrelang auf Antworten zu all meinen Fragen warten werde.

Note: 4+