Pearson, Jeremiah: Die Täuferin

Band 1 Der Bund der Freiheit Trilogie

Originaltitel: The Brethren
Verlag:
Lübbe
erschienen:
2015
Seiten:
608
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3789132187
Übersetzung:
Axel Merz

Klappentext:

Böhmen, 1517. Kristina ist noch ein Kind, als ihre Eltern auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Sie seien Ketzer, so das Urteil, Feinde der katholischen Kirche. Weil sie daran glaubten, dass jeder Mensch das Recht hat, Lesen zu lernen. Jahre später will Kristina ihr Werk fortführen. Mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter macht sie sich auf die gefährliche Reise nach Deutschland, um Verbündete in Mainz zu unterstützen. Doch unterwegs lauern nicht nur Ketzerjäger, sondern auch der Krieg. Bald liegt Kristinas Schicksal in der Hand eines einzigen Mannes: des hitzköpfigen Bauernkriegers Lud.

Rezension:

Anfang des 16. Jahrhunderts lebt in Böhmen in einem kleinen Dorf Namens Kunwald eine Gemeinschaft von gläubigen Christen. Sie verstecken sich hier vor der katholischen Kirche, da sie der Meinung sind jeder Mensch hat das Recht über sein Leben selbst zu bestimmen und auch Lesen und schreiben zu können. Sollten sie jemals entdeckt werden, droht ihnen der Tod auf dem Scheiterhaufen. Kristina wächst in dieser Gemeinschaft auf, sie macht es sich zu ihrer Aufgabe den Menschen auch außerhalb dieser Gemeinschaft das Lesen und Schreiben beizubringen. Gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten begibt sie sich auf die gefahrvolle Reise nach Mainz.

Auf ihrem Weg dorthin geraten sie mitten in einen Krieg. Nun sind sie auf das Wohlwollen eines einfachen Söldners angewiesen. Lud steht in den Diensten von Dietrich Geyer, Ritter von Giebelstadt. Lud ist ein Leibeigener ohne eigenes Recht, aber trotzdem seinen Herrn treu ergeben. Er selbst führt einen kleinen Trupp Soldaten aus seinem Dorf Giebelstadt an. Die Jungen vertrauen ihm und fürchten ihn gleichzeitig. Lud hat vor Jahren eine Pockenepidemie überlebt, ist aber davon schwer gezeichnet. Hier im Krieg treffen nun die gläubige Kristina und der hörige Lud aufeinander, ihr Schicksal scheint sich zu verbinden.

„Der Bund der Freiheit“ ist der Auftakt einer Trilogie aus der Feder von Jeremiah Pearson. Der Autor hat schon einige Drehbücher erfolgreicher Filme wie zum Beispiel „Auf der Flucht“ geschrieben. Diese Buchreihe ist im Original in Amerika bereits veröffentlicht und so kann der deutsche Leser hoffen, dass die folgenden zwei Bände auch bald erscheinen werden. Der deutsche Titel „Die Täuferin“ ist vielleicht nicht geschickt gewählt. Im Original heißt das Buch „The Villeins Trilogie“, was ja so viel wie Leibeigene oder Hörige heißt, und mit Täufern nicht so wirklich, was zu tun hat. So finde ich den Untertitel dann doch etwas irreführend. Die Gemeinschaft der Täufer wird in dieser Geschichte dann auch nicht unbedingt behandelt. Langsam werden nun die einzelnen Charaktere vorgestellt. Es beginnt mit Kristina und ihrer Gruppe, sie dürfen sich alle nach und nach selbst vorstellen und von ihrem jeweiligen Schicksal erzählen. So gibt es auch immer wieder nette kleine Geschichten um die Menschen und ihre Schicksale.

Dann trifft der Leser auf Lud, er ist ein Leibeigener, der sich so seine Gedanken über das Leben macht und schon hinterfragt, ob alles so seinen richtigen Weg geht. Überhaupt werden in diesem ersten Band viele Protagonisten vorgestellt und es dauert eben ein paar Seiten, bis man wirklich in die Geschichte hineinfindet. Zudem gibt es mehrere Handlungsstränge, die zunächst unabhängig voneinander beginnen und erst später zusammenlaufen und sich dann auch wieder trennen. Die Charaktere sind ziemlich unterschiedlich und bunt gemischt. Auf den ersten Blick scheint nichts wirklich zusammenzupassen. Aber so nach und nach erschließt sich dem Leser das Geschehen. Interessant ist sicher die Beziehung von Lud zu seinem Herrn dem Ritter Dietrich Geyer, dieser sorgt sich sehr um seinen Untergebenen, fast schon zu sehr für die damalige Zeit.

Kristina und ihre Gruppe werden auch gut dargestellt. Immer wieder gibt es auch Zweifel, ob ihr Weg der Richtige ist, dies wird nachvollziehbar geschildert. Der Leser lernt die Protagonisten somit immer besser kennen und verstehen. Vielleicht ist die ganze Geschichte historisch nicht immer korrekt aber es handelt sich hier ja auch um einen Roman und kein Geschichtsbuch. Der Erzählstil ist jeden falls angenehm zu lesen und die Protagonisten sind gut dargestellt und bekommen die nötige Zeit um sich zu entwickeln. Deutlich wird vor allem, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich gegen die vorhandene Ordnung auflehnen. Nicht nur die Kirche wird sich aufteilen in katholisch und protestantisch, sondern auch die Bauern beginnen zu Fragen ob es nicht auch einen anderen Weg gibt sein Leben zu leben. Viele beginnen damit das Lesen zu lernen und somit auch zu hinterfragen, was richtig ist und was nicht. Dies ist natürlich nicht im Sinne der Kirche und des Adels, so werden die Menschen verfolgt, die versuchen diese Lehren von der Freiheit zu verbreiten.

Schön sind die historischen Karten im Bucheinband. Gleich zu Beginn gibt es einen historischen Einblick und ein ausführliches Personenregister. Das Buch selbst ist noch einmal unterteilt in einzelne Teile, die jeweils betitelt sind. Vor jedem einzelnen Kapitel steht dann auch immer, um wen es sich handelt. So weiß der Leser genau, bei welchem Protagonisten er gerade ist und kann dadurch der Handlung gut folgen.

Auch wenn es sicher das eine oder andere hier zu bemängeln gibt, ist der „Bund der Freiheit“ trotzdem ein schöner historischer Roman über den Beginn der Neuzeit. Am Ende will man einfach Wissen wie es mit Lud und Kristina und deren Leuten weitergeht. Ob sie am Ende ihre Freiheit und ihren Frieden finden werden. Also heißt es warten auf Band 2.

Note: 2

Schiewe, Ulf: Gold des Südens

Verlag: Knaur
erschienen:
2015
Seiten:
349
Ausgabe:
bisher nur eBook

Klappentext:

Karibik 1635: In den spanischen Kolonien hat der Schwarzhandel überhand genommen. Der neue Gouverneur von Hispaniola schwört, jeden Schmuggler, den er erwischt, eigenhändig aufzuhängen. Die schöne Doña Maria zittert um ihren Gemahl, einem reichen Pflanzer und heimlichen Drahtzieher des verbotenen Handels. Im fernen Bremen hat der junge Handelsherr Jan van Hagen nur die Wahl zwischen Schuldturm und Flucht in die Neue Welt, um als Schmuggler das verlorene Familienvermögen wieder herzustellen. Noch in der Nacht entkommt er den Schergen und nimmt Kurs auf Westindien. Seine Suche nach dem Gold des Südens hat begonnen.

Rezension:

1635, Jan van Hagen, Sohn eines Handelshauses mit Sitz in Bremen, kehrt von einer Fahrt mit seinem Schiff „Sophie“ nach Hause zurück. Doch er muss erfahren, dass sein Vater im Sterben liegt und das Unternehmen pleite ist. Mehr noch Jan selbst droht der Schuldenturm. Also flieht er auf Rat des Vaters nach Amsterdam. Dort angekommen nimmt er Kontakt mit einem alten Freund des Vaters auf, dieser rät ihm, in die neue Welt zu fahren, um selbst dort Handel zu treiben. Nicht ganz ohne Hintergedanken kommt dieser Rat, denn der Sohn des Handelspartners ist selbst auf Fahrt nach Hispaniola, allerdings galt er als vermisst. Jan soll nun eben jenen Martin suchen und gleichzeitig Handel treiben. Der Amsterdamer Kaufmann stellt ihm die nötigen Mittel zur Verfügung den in der Karibik gibt es zahlreiche Produkte, die die Europäer lieben. Zucker ist eine dieser begehrten Handelsware. Eine spannende Reise nach Westindien beginnt.

Der Autor Ulf Schiewe schickt seinen Helden diesmal in das entfernte Santo Domingo. Jan ist ein junger Kapitän zur See, der noch so einiges zu lernen hat. Aber Jan van Hagen hat eine sympathische Art und so ist der Leser gleich mit ihm auf Reisen. Jan muss zunächst verarbeiten, dass die Firma des Vaters pleite ist, er selbst muss fliehen und ist nun selbst für seinen Lebensunterhalt verantwortlich. Was tun ist zunächst die große Frage. Doch in Amsterdam bekommt er eben das Angebot nach Santo Domingo zu fahren und dort Schmuggelgüter zu holen. Soll er jetzt Schmuggler werden und vielleicht auch Pirat? Diese Frage stellt er sich immer wieder. Kann ich damit leben, auch Sklaven zu verkaufen? Oder was soll ich tun? Er macht sich mit seiner Mannschaft auf die Reise einfach, weil ihm keine andere Wahl bleibt. Aber auch weil er mit Leib und Seele Seemann ist. So nimmt er dann den Leser mit auf diese abenteuerliche Fahrt. Der Erzählstil des Autors führt dann auch dazu, dass schnell Bilder im Kopf entstehen. Seine leichte Art zu erzählen sorgt dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen, gleich der „Sophie“, die die lange Reise nach Hispaniola schnell meistert, jedoch nicht ohne mit ein paar kleinen Abenteuern aufzuwarten.

Erst mal in Santo Domingo angekommen beginnen die Schwierigkeiten erst richtig. Dieser Roman bietet eben alles, was ein Abenteuerbuch ausmacht. So ganz nebenbei erfährt der Leser dann auch, mit welchen Waren damals gehandelt wurde und was gerade in Hispaniola angebaut wurde. Die Zuckerrohrplantagen waren eine wichtige Einnahmequelle und so werden auch die Protagonisten dieser Insel zu wichtigen Charakteren. Gerade die Gattin eines solchen Plantagenbesitzers, Dona Maria, hat es Jan angetan, denn eine kleine Liebesgeschichte darf auch bei diesem Abenteuer nicht fehlen. Es gibt aber auch den Gegenpart in Form des Vize-Gouverneurs der alles versucht um den Schmuggel auf der Insel zu unterbinden. Jan und seine Mannschaft geraten mitten in diesen Streit. All dies sorgt aber für gute Leseunterhaltung. Es macht einfach Spaß dieses Piratenabenteuer mitzuerleben, auch wenn die Protagonisten dabei vielleicht nicht so tiefgründig sind und einiges eventuell auch vorhersehbar war. Ein Abenteuer ist es allemal.

Note: 2

Qunaj, Sabrina: Das Blut der Rebellin

Verlag: Goldmann
erschienen:
2015
Seiten:
704
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3442479894

Klappentext:

Wales im 12. Jahrhundert: Während in England ein Bürgerkrieg tobt, rebellieren die Waliser unermüdlich gegen die neuen Machthaber. Um die Position der Normannen zu stärken, soll die junge Isabel, Tochter des mächtigen Geraldine-Geschlechts, den grausamen Sheriff von Pembroke heiraten. Doch am Vorabend der Hochzeit greifen die Rebellen an. Isabel kann fliehen und wird bald selbst zur Freiheitskämpferin. Der Sheriff hat seine Braut allerdings nicht vergessen und beauftragt den walisischen Prinzen Ralph le Walleys, sie zurückzuholen. Als die beiden sich ineinander verlieben, stehen sie plötzlich im Zentrum eines Krieges, in dem sie sich für eine Seite entscheiden müssen.

Rezension:

Isabel FitzWilliam de Carew lebt in Wales des 12. Jahrhunderts. Sie soll den Sheriff von Pembroke zum Mann nehmen. Doch der Sheriff ist ein grausamer Mensch und lässt auch Isabel dies spüren. Doch dann greifen die Rebellen an, die für ihr Land die Freiheit wollen und kein Leben unter der Herrschaft der Normannen. Isabel wird entführt und lernt das Leben der Waliser kennen und auch lieben. Der Freiheitskampf ihrer Entführer wird auch zu ihrem Kampf gegen Krieg und Unterdrückung. Immer wieder kreuzt sich ihr Weg mit ihrem Freund aus Kindertagen Ralph le Walleys. Er selbst ist ein walisischer Prinz und genießt ihr Vertrauen.

Die Autorin beginnt ihren Roman im Sommer 1146, aus der Nesta ferch Rhys des Vorgängerbandes „Die Tochter des letzten Königs“ ist inzwischen eine Großmutter geworden, sie erzählt ihrer Enkelin Isabel von ihren Taten und ihrem Leben und vor allem von dem Wunsch der Menschen nach Freiheit. „Das Blut der Rebellin“ ist zwar ein eigenständiger Roman, der auch problemlos einzeln lesbar ist, aber zu empfehlen ist es nicht. Die Handlungsweisen der Rebellen sind vielleicht ein bisschen besser nachvollziehbar, wenn man Band 1 gelesen hat, auch wenn die Protagonisten jetzt andere sind. Aber dieser Kampf um Freiheit zog sich über viele Jahre und braucht wohl auch mehr Seiten um ihn zu verstehen. Außerdem macht es einfach Spaß die Bücher von Sabrina Qunaj zu lesen. Der Erzählstil der Autorin ist zwar leicht zu lesen, sie schafft es aber spielend dafür zu sorgen, dass man das Buch nicht aus der Hand legen mag. Deutlich ist zu spüren, dass die Autorin im Vorfeld sehr gute Recherchearbeit geleistet hat und so springt der Funke einfach über und man fühlt sich mitten drin im Freiheitskampf um Wales.

Isabel wird als junges Mädchen beschrieben, die weiß was sie will, aber auch ihren Platz im Leben kennt. Sie muss aber auch lernen, dass nicht alle Menschen gerecht behandelt werden oder aber gerecht handeln. Schnell begreift sie, dass ihr zukünftiger Gemahl ein grausamer und machtbesessener Mann ist. Der Sheriff ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wie willkürlich gerade die Normannen mit den Walisern umgegangen sind. Den Menschen wurde alles genommen und sie mussten sich den neuen Herren im Land fügen, taten sie dies nicht wurden sie grausam bestraft. Davon wie sie sich dagegen werten und ihre Hoffnung auf Freiheit nie aufgegeben haben, handelt die Geschichte von Isabel.

Schnell entstehen Bilder im Kopf beim Lesen, Bilder von Wales mit seiner Landschaft, den Bergen im Norden und der Küste nahe Pembroke. Von den Wäldern durch die Isabel zog und von den Burgen, auf denen sie lebte. Überhaupt ist das Leben dieser Zeit glaubhaft wiedergegeben. Qunaj hat ihren Protagonisten Leben gegeben und sie zu einzelnen Menschen werden lassen. Menschen, die einem ans Leseherz wachsen, mit denen man mitfiebert und bangt aber auch liebt. Menschen, die man nach Beenden des Buches eigentlich nicht gehen lassen möchte. Ihre fiktive Geschichte und ihre Charaktere sind wunderbar eingebettet in die historische Geschichte des Landes. Sie wirken glaubhaft und echt. So wie hier beschrieben könnte es damals durchaus gewesen sein.

Einiges an Zusatzmaterial ist in diesem Taschenbuch dann auch noch vorhanden. Es gibt Stammbäume der historisch belegten Familien, eine Karte von Wales, ein Personenregister und am Ende ein Glossar der fremden Begriffe sowie ein Nachwort, welches noch kurz Fiktion und Wahrheit klärt. Also ein rundum gelungenes Buch, mit dem jeder Leser historischer Romane seine Freude haben wird.

Note: 1

Lobato, Carmen: Die Stadt der schweigenden Berge

Verlag: Knaur
erschienen:
2015
Seiten:
576
Ausgabe: Taschenbuch
ISBN:
3426514559

Klappentext:

Berlin 1931: Die junge Amarna ist fasziniert von der Kultur der Hethiter und vor allem von deren alter, versunkener Hauptstadt. Sie träumt davon, selbst einmal dorthin zu fahren, und vertieft sich in die Lektüre der Schriften jener Zeit. Doch ihr Vater, ein Altorientalist, verweigert ihr die Reise, obwohl er die Leidenschaft seiner Tochter teilt. Was ist auf jener Expedition passiert, die ihn einst in die verlorene Stadt führte? Und warum spricht er nie von der Mutter, an die Armana kaum eine Erinnerung hat? Mit Hilfe ihres Freundes Paul, der Amarna schon lange liebt, gelingt es ihr schließlich, ihren Traum zu verwirklichen – der sich jedoch bald als Alptraum entpuppt.

Rezension:

Berlin 1930, es ist nicht üblich das eine Frau studiert noch dazu Archäologie doch Amarna, Tochter eines Archäologen macht genau dies, außerdem hat sie sich für ihre Abschlussarbeit ein schwieriges Thema ausgesucht, und zwar das Gilgameschepos. Da sie in Berlin nicht weiterkommt, will sie unbedingt an den Ort, der von diesem Epos erzählt, nach Hattusa. Sie ahnt zu Beginn nicht, dass dieser Ort für sie selbst einige Geheimnisse hat und mit ihrem Leben verbunden ist. Alle raten ihr von dieser Reise ab, aber sie setzt sich durch.

Carmen Lobato nimmt den Leser mit auf eine Reise in ein unbekanntes Land. Ihre Art zu erzählen ist fesselnd und lässt einen nicht mehr los. Einmal begonnen ist es fast nicht möglich, dieses Buch aus der Hand zu legen. Gerade die Protagonisten wie Amarna oder auch später Arman lassen einen nicht mehr los. Dabei ist es vor allem das Schicksal dieser Menschen mit ihrem tragischen Hintergrund welches zu Denken gibt. Die Reise in die Vergangenheit wird gerade für Amarna eine Reise in ihre eigene Vergangenheit, sie lernt dabei sich selber kennen und eben auch die Menschen die ihr viel bedeuten. Gleichzeitig lernt der Leser aber auch die Geschichte eines Volkes kennen. Über die Hethiter ist nicht so viel bekannt wie über andere Völker hier wird vielleicht sogar ein bisschen mehr als im üblichen Geschichtsunterricht erzählt.

Die gute Recherchearbeit der Autorin ist in jeder Zeile zu spüren, es steckt so viel Liebe im Detail. Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, wie viel Herzblut der Autorin in der Geschichte steckt, oder vielleicht ist es auch nur mir aufgefallen da ich, dank diverser Internetplattformen mitverfolgen konnte, wie sie der Veröffentlichung entgegen fieberte. So wurden mir die Protagonisten schnell vertraut und sind mir an mein Leseherz gewachsen.

Ich habe in diesem Buch einiges gelesen, was ich so nicht kannte und mich gleichzeitig aufgefordert gefühlt noch etwas mehr dazu zu lesen. Das Gilgameschepos war mir völlig unbekannt, über die Hethiter hatte ich bisher nur wenig gelesen. Außerdem erfährt der Leser sehr viel aus dieser vergangenen Epoche der Hethiter. Aber genauso auch einiges aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Gerade über das Schicksal der Armenier in der damals noch jungen Türkei ist wenig bekannt. Viele Gräueltaten aus den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts werden und wurden heruntergespielt, in leisen Tönen macht die Autorin auch darauf aufmerksam, soweit dies in einem Roman eben möglich ist.

Ein zweiter kleinerer Handlungsstrang ist den Menschen in Hattusa gewidmet. Er erzählt die Liebesgeschichte dreier Menschen und gleichzeitig auch die Geschichte Hattusas. Er hebt sich etwas von dem ersten Erzählstrang ab und ist vielleicht auch ein bisschen sperrig zu lesen, aber mir hat gerade dieser Teil sehr gut gefallen, gibt er doch Einblicke in eine längst vergangene Epoche. Auch dieser Charaktere werden schnell vertraut und man fiebert automatisch um ihr Schicksal und hofft für sie, dass alles gut wird.

„Die Stadt der schweigenden Berge“ ist nicht einfach nur ein historischer Roman, sondern er erzählt von Liebe und davon was Liebe alles Aushalten kann. Von Schicksalen die berühren und zum Nachdenken anregen. Selten war ich nach der letzten Seite eines Buches so berührt und musste immer wieder an Amarna und ihren Arman denken, diese Geschichte ist einfach noch nicht zu Ende erzählt und so warte ich gespannt auf die Fortsetzung.

Note: 1

Becker, Oliver: Die Schatten von New Orleans

Die Schatten von New Orleans CoverVerlag: Bookspot
erschienen:
2014
Seiten:
400
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3937357904

Klappentext:

New York um 1870. Cynthia Crane, das Hausmädchen der angesehenen Familie van Buren, hat ein großes Geheimnis: Sie und der Sohn des Hauses planen, miteinander durchzubrennen. Doch alles kommt anders. Statt in den Armen des Liebhabers findet sich Cynthia hinter den Mauern des berüchtigten New Yorker Gefängnisses „Rabennest“ wieder. Als unschuldig verurteilte Schmuckdiebin … Alle Verbindungen zu ihrem bisherigen Leben lösen sich auf rätselhafte Weise in Luft auf. Während sie allein und verlassen den erbarmungslosen Gefängnisalltag erduldet, erkennt Cynthia, dass viel mehr hinter ihrer fingierten Verurteilung steckt als eine verbotene Liebe. Unter spektakulären Umständen gelingt ihr die Flucht. Damit beginnt eine gefährliche Odyssee durch Opiumhöhlen, Gaunerspelunken und die Salons der ehrenwerten Gesellschaft. Von New York bis nach New Orleans und in die düsteren Sümpfe Louisianas. Cynthia trifft auf Wahrsager, Hafenpiraten und Betrüger. Wem kann sie trauen? Was will der alte Voodoo-Priester von ihr? Und was hat die Engelsfeder zu bedeuten?

Rezension:

Cynthia Crane wächst als Hausmädchen in dem Haushalt der reichen Familie van Buren in New York auf. Es ist die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ihr Leben ist ihr klar vorherbestimmt, doch dann verliebt sie sich in David den Sohn und einzigen Erben des Hauses. Gemeinsam planen sie ihre Zukunft, aber dann kommt alles ganz anders und Cynthia findet sich im berüchtigten Gefängnis Rabennest wieder. Nun muss sie lernen damit zu leben als Verbrecherin zu gelten. Warum wurde ihr das angetan? Was ist geschehen und wo ist David? Fragen, die ihr einfach keiner beantworten kann oder will. Schnell merkt sie da muss noch mehr dahinter stecken, aber was ist nur plötzlich los.

In diesem historischen Roman nimmt der Autor Oliver Becker seine Leser mit nach New York, aber der Aufenthalt dort ist nicht von langer Dauer. Zunächst wird das beschauliche Leben im Hause der van Burens geschildert, dann wie Cynthia in das Gefängnis gebracht wurde und wie sie dort lernte, mit ihrem Schicksal zu Recht zu kommen. Sie findet Anschluss an eine Mitinsassin, diese hilft ihr später in den Straßen von New York denn aus dem Gefängnis können sie fliehen. Für Cynthia wird bald klar sie muss ihr Schicksal in einer anderen Stadt suchen. So geht es dann bald weiter in den Süden nach New Orleans.

Die Protagonisten dieser Handlung sind bunt gemischt, auf der einen Seite Cynthia, die zwar als Magd gearbeitet hat, aber trotzdem wohlbehütet aufgewachsen ist. Dann Danny, ein junger Mann, den sie in den Straßen von New York kennenlernt und der seinen Lebensunterhalt mit nicht so ganz legalen Mitteln finanziert. Danny wird ihr zum guten Freund und Retter. Dabei ist diese Freundschaft für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich, denn Danny ist ein Schwarzer, der auf den Straßen von New York lebt und einer Piratenbande angehört. Auf diesem Wege erhält der Leser Einblicke in das Leben dieser Stadt in der untersten Einwohnerschicht. Überhaupt hat der Autor immer wieder geschickt die Lebensumstände der Zeit mit eingeflochten.

Dann ist da ein seltsamer fast blinder Mann, der in einem zweiten Handlungsstrang von sich erzählt.  Dieser Teil setzt sich nicht nur durch eine andere Wortwahl von der Geschichte ab er ist auch optisch anders geschrieben. So weiß der Leser immer genau, bei wem er gerade ist. Dieser Mann tritt lange nicht richtig in Erscheinung und ist nicht greifbar, macht die Geschichte aber mysteriös und spannend.

Der Erzählstil von Becker lässt sich leicht und locker lesen und ist dabei bildhaft gestaltet. Er hat es vortrefflich verstanden das Leben dieser Zeit zu schildern und auch den Aberglauben hier leben einzuhauchen. Eine seltsame alte Frau sagt Cynthia die Zukunft voraus und gibt ihr einen noch merkwürdigeren Satz mit auf den Weg: „Er ist nicht der, den du liebst, und du bist nicht die, die du bist.“ Dieser Satz begleitet Cynthia weiter auf ihrer Suche und gibt mehr Rätsel auf als das er Klarheit bringt. Der Glauben dieser Zeit ist überhaupt schwer zu greifen, Becker hat es aber geschafft ein Gefühl dafür zu entwickeln und so fühlt man sich beim Lesen irgendwie direkt dabei.

Auf dem Cover ist eine Puppe zusehen, die scheinbar von einer Feder durchbohrt wird. Die Farben sind dunkel gehalten und so wirkt es etwas mysteriös. Hat der Leser aber erst mal das Buch gelesen, so wird auch schnell die Verbindung zu Puppe und Feder klar. In einem Nachwort klärt der Autor noch kurz Fiktion und Wahrheit.

„Die Schatten von New Orleans“ ist ein weiterer historischer Roman von Oliver Becker. Gekonnt entführt er seine Leser diesmal in den Süden Nordamerikas. Er erzählt von Freundschaft, Liebe und Aberglauben. Die Geschichte von Cynthia Crane ist fesselnd und ungewöhnliche Wendungen sorgen hier für Spannung. Die Liebesgeschichte ist gut mit der Geschichte verwoben und birgt so manche Überraschung.

Note: 2+